Jugendbeiteiligung zu fördern, ist eines der Ziele der Partnerschaften für Demokratie. Dabei stellt es eine Herausforderung dar, Jugendliche zu motivieren, sich für demokratische Prozesse zu engagieren. Häufig scheint es keine Verbindung zu ihrem Alltag zu geben. In ländlichen Gebieten ist es zudem durch die langen Wege oft schwierig, nach der Schule alle an einem Ort zu versammeln.
"Pimp Your Town!" im Landkreis Göttingen
Die Partnerschaft für Demokratie im Landkreis Göttingen hat durch die Zusammenarbeit mit dem Planspiel "Pimp Your Town!" beide Herausforderungen meistern können. Für einen oder mehrere Tage schlüpfen Schülerinnen und Schüler dabei in die Rolle von Abgeordneten, entwickeln Ideen, wie sich ihr lokales Umfeld verbessern lässt, und stimmen schließlich darüber ab.
Das Planspiel wird in der Schule veranstaltet und macht Politik greifbar, indem es den Teilnehmenden zeigt, welche Bereiche ihrer unmittelbaren Lebenswelt sich durch die Politik beeinflussen lassen. Im Landkreis Göttingen wurde es schon mehrmals durchgeführt. So beteiligten sich im Dezember 2021 beispielsweise über 50 Schülerinnen und Schüler aus drei Oberschulen an zwei Projekttagen.
Begleitet und unterstützt werden sie dabei einerseits von Mitarbeitenden des Planspiels, andererseits von örtlichen Politikerinnen und Politikern. Diese arbeiten mit den Schülerinnen und Schülern zusammen, vermitteln ihnen Wissen über den Politik-Alltag und erhalten ihrerseits Einblicke in die Lebenswelt der jungen Menschen.
Die Möglichkeiten und Herausforderungen der Kommunalpolitik wurden ihnen dadurch nahegebracht, dass sie sich zu Fraktionen zusammenfanden, Fraktionssitzungen abhielten und abschließend in einer Ratssitzung gemeinsam über die zuvor erarbeiteten Anträge diskutierten und abstimmten. Coronabedingt fand die Zusammenarbeit mit den Politikerinnen und Politikern sowie die Ratssitzung per Videokonferenz statt.
Planspiel
"Pimp your Town!" ist ein Angebot von Politik zum Anfassen e. V., das von Kommunen in ganz Deutschland in Anspruch genommen werden kann. Auch mehrere Partnerschaften für Demokratie haben sich bereits beteiligt.
Die Schülerinnen und Schüler setzten sich dabei nicht nur für Dinge ein, die sie unmittelbar betreffen: vielfältigere Freizeitangebote für junge Menschen, eine Verbesserung der Mobilität per Bus und Rad oder mehr Digitalisierung und sauberere Toilettenräume in der Schule. Sie machten sich auch für den Schutz und die Pflege der Umwelt stark, sprachen sich beispielsweise für mehr Mülleimer in der Stadt aus.
Reaktionen
Die Rückmeldungen der Schüler und Schülerinnen sind dabei ebenso positiv wie die der Lehrkräfte. Jonas Huwald von der Stelle zur Förderung von Vielfalt, Demokratie und Toleranz im Landkreis Göttingen dazu: "Die Schülerinnen und Schüler merkten vor allem positiv an, dass sie nach ihrer eigenen Meinung gefragt wurden und ihre Ideen und Wünsche Platz und Gehör fanden. Die Lehrerinnen und Lehrer hoben meist vor allem das sehr 'schulferne' Lern- und Beteiligungskonzept als positiven Aspekt hervor."
Auch die Reaktionen aus der Politik waren laut Huwald sehr positiv: "Das Planspiel fand beim ersten Durchgang sogar solch einen großen Anklang, dass die Weiterführung in den Folgejahren durch einen Kreistagsbeschluss als Auftrag an die Kreisverwaltung weitergegeben wurde."
Zwar sei es "schwer, die Ideen und Anträge der Schülerinnen und Schüler, die meist auf Gemeindeebene angesiedelt waren in 'echte' Anträge für den Kreistag zu überführen. Allerdings wurden die Ergebnisse der Planspiele in einzelnen Fraktionen nach der jeweiligen Durchführung diskutiert. Auf diese Weise fanden die Anregungen dann auch Eingang in die jeweilige politische Agenda der Fraktionen." Zudem wurden nach dem Durchgang 2021 "erstmals die Ergebnisse an jene Verwaltungen weitergeleitet, aus deren Gemeinden Schülerinnen und Schüler am Planspiel teilnahmen." Dadurch kamen Gesprächsmöglichkeiten zwischen den Jugendlichen und den jeweiligen Bürgermeistern zustande.
Die nächsten Durchgänge des Planspiels sollen Jonas Huwald zufolge statt auf Landkreisebene nun direkt in den Gemeinden durchgeführt werden. So können Schülerinnen und Schüler ihre Ideen zielgericht dort einbringen, wo über ihre Umsetzung entschieden wird. Und vielleicht gehören der eine oder die andere von ihnen in einigen Jahren selbst zu denen, die über solche Vorschläge abstimmen, weil sie durch "Pimp Your Town!" Gefallen an der Lokalpolitik gefunden haben.
Veröffentlicht im September 2022