Unsere Gesellschaft ist vielfach auf zwei Geschlechter ausgelegt: Toiletten, Kleidung, Kosmetik, Farben oder Spielzeug. Dabei gibt es eine Vielfalt an Geschlechtsidentitäten, geschlechtlichen Ausdrucksformen und Körpern. Vor allem für Heranwachsende kann es unter diesen Bedingungen schwierig sein, sich der eigenen Identität bewusst zu werden.
Mitunter kann es ihnen dabei helfen, sich über Themen wie Geschlechtsidentität und sexuelle Orientierung mit Gleichaltrigen und pädagogischen Fachkräften auszutauschen. Die Arbeitshilfe "wort·schatz zur Vielfalt von Geschlecht, Beziehung, Liebe und Sexualität" vom Bundesverband Queere Bildung e. V. gibt lokalen Vereinen und Initiativen, die queere Bildungs- und Antidiskriminierungsangebote durchführen, ein zielgruppengerechtes Instrument an die Hand, um behutsam Gesprächsanlässe zu geschlechtlicher und sexueller Vielfalt zu ermöglichen.
"Lesende werden durch die Broschüre dazu ermutigt, miteinander ins Gespräch zu kommen und Erlerntes weiterzugeben", berichtet Tim Julijan Holzner vom Bundesverband Queere Bildung e. V. Die Broschüre regt ein positives Hinterfragen der binären Vorstellung von Geschlechtlichkeit an. Gleichzeitig stärkt sie die Selbstwahrnehmung der Lesenden, indem sie Abweichungen von Normvorstellungen als etwas Besonderes anerkennt und dabei als selbstverständlich akzeptiert.
Glossar queerer Grundbegriffe
Das Nachschlagewerk ist im Modellprojekt "Bildungs_lücken schließen – Aufbau, Qualifizierung und Stärkung queerer Bildungsprojekte in strukturschwachen Regionen bundesweit" des Bundesverbands entstanden und erklärt queere Begriffe sowie komplexe Themen wie Mehrfachdiskriminierung und Empowerment. Das Projekt möchte damit "Bildungs_lücken" schließen und die lokale queere Bildungsarbeit unterstützen. Die Glossartexte in der Arbeitshilfe sind so aufbereitet, dass sie bereits für Jugendliche ab Klassenstufe 6 zugänglich sind. Sie werden mit Verlinkungen zu digitalen Informations- und Beratungsangeboten wie Podcasts angereichert und regen so zur vertiefenden Auseinandersetzung mit den Themen an.
"Wie würdest du Geschlecht ohne körperliche Merkmale und Rollenklischees beschreiben?"
Frage aus der Broschüre
Der Bundesverband gibt die Arbeitshilfe kostenlos an Schulen, Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe und Freizeiteinrichtungen ab. "Lehrkräfte können mit der Broschüre ihre eigene Regenbogenkompetenz stärken, ihre Teams weiterbilden und sich so vor Ort aktiv für die Gestaltung vielfaltfreundlicher Lern- und Lebensräume für (junge) Menschen einsetzen", sagt Tim Julijan Holzner.
In Deutschland ermöglicht das Grundgesetz jeder Person, ihre Identität nach eigenen Vorstellungen auszuleben. Diese wird beispielsweise in der Sprache durch Pronomen wahrnehmbar. Für einige Personen kann es verletzend sein, wenn diese nicht richtig verwendet werden, da sie sich dem ihnen zunächst zugeordneten Pronomen nicht zugehörig fühlen. Deshalb rät die Broschüre dazu, Menschen so anzusprechen, wie sie es möchten, und diese im Zweifel vorher danach zu fragen.
Vielfalt ist etwas Besonderes
Jeder Mensch hat in Deutschland auch das Recht auf die freie Entfaltung der Persönlichkeit und somit ein Recht auf sexuelle Selbstbestimmung. Die sich daraus ergebende Vielfalt an Beziehungs- und Familienformen ist etwas Besonderes und wichtiger Teil der Gesellschaft. Sie verdient daher Anerkennung und Respekt statt Benachteiligung und Diskriminierung, betont die Arbeitshilfe und regt gleichzeitig dazu an, vielfältigere Darstellungen in Büchern, Serien, Comics oder Computerspielen zu fördern. Dadurch wird geschlechtliche und sexuelle Vielfalt sichtbarer und als selbstverständlicher Teil der Gesellschaft wahrgenommen.
Die Arbeitshilfe trägt mit ihrer Aufklärungsarbeit dazu bei, dass Gespräche über Vielfalt von Geschlecht, Beziehung, Liebe und Sexualität selbstverständlicher werden können. Gleichzeitig unterstützt das Lehrmaterial durch seine bundesweite Verfügbarkeit die lokale queere Bildungsarbeit.
Veröffentlicht im Dezember 2023
Lokale queere Bildungsarbeit
Übersicht queerer Bildungs-, Aufklärungs- und Antidiskriminierungsprojekte in Deutschland