Unterschiedliche Gesichtsausdrücke eines älteren Mannes, eingefärbt in Regenbogenfarben

Anderen zuhören beginnt mit dir.

Kommunikation kann verbinden, aber auch spalten.

Pinselstrich
Ein Ohr

Demokratie lebt von Dialog, Austausch und Kompromissen. Voraussetzung dafür ist, andere Meinungen zu akzeptieren, faktenorientiert wahrzunehmen sowie respektvoll mit ihnen umzugehen. Der offene Meinungsaustausch ist ein Grundpfeiler der Demokratie. Dennoch gibt es hier Grenzen wie etwa volksverhetzende Äußerungen. Ob im Alltag, im Beruf oder im Freundeskreis: Wir alle geraten immer wieder in Situationen, in denen wir uns mit Menschen auseinandersetzen müssen, die anderer Meinung sind. Dies ist für ein demokratisches Miteinander unerlässlich. Zuhören können, Verständnis haben und kontroverse Meinungen anerkennen sind Grundvoraussetzungen für einen fairen und konstruktiven Austausch. Das fällt mitunter schwer. Die gute Nachricht ist: Es lässt sich trainieren – am besten so früh wie möglich.

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Ein Blitz

Mehrdeutigkeiten und Widersprüche aushalten

Manchmal nehmen wir die Welt in Kategorien wie Schwarz oder Weiß, Freund oder Feind, Richtig oder Falsch wahr. Das passiert, wenn uns Sachverhalte, Charaktere oder Aussagen überfordern. Wir versuchen, sie in eine Schublade einzusortieren, um die Komplexität und das damit verbundene Überforderungsgefühl abzuwehren. Mehrdeutiges zu akzeptieren, erfordert Ambiguitätstoleranz. Das ist die Fähigkeit, vieldeutige Situationen und widersprüchliche Meinungen sowohl zu erkennen als auch auszuhalten und trotzdem wohlwollend zu bleiben. Denn auch Menschen, die wir für ihre Empathie und ihr großes Herz schätzen, sehen Dinge mitunter trotzdem anders als wir selbst. Je besser wir gelernt haben, mit solchen Widersprüchen umzugehen und zu differenzieren, desto leichter fällt es uns beispielsweise auch, den einfachen Versprechungen des Populismus zu widerstehen.

Früh übt sich ...

Ambiguitätstoleranz erlernen wir übrigens bereits als Babys, indem wir nach und nach erkennen, dass unsere engsten Bezugspersonen nicht immer so reagieren, wie wir es uns wünschen. Dieser Prozess verläuft kontinuierlich und kann von Eltern positiv beeinflusst werden: zum Beispiel durch gemeinsames Diskutieren, idealerweise direkt am Küchentisch. Neben dem Elternhaus sind aber auch Kindergarten und Schule Orte, an denen wir unsere Meinung vertreten (lernen), andere Blickwinkel erleben und Dinge aushandeln müssen. Zum Beispiel, wenn im Unterricht Diskussionen geführt und moderiert werden. So können Kinder und Jugendliche lernen, in verschiedenen Kontexten Pro- und Kontraargumente zu formulieren, andere ausreden zu lassen und auch Konflikte auszutragen. Je früher konstruktive Kommunikation gefördert wird, desto besser können junge Menschen später politische Debatten verstehen und einschätzen.

Ein Megafon

Grundlage für jede Diskussion: eine eigene Meinung

Dieses Bewusstsein stärken will auch "Interessiert’s Dich? #3D: Debatte – Dialog – Demokratie", eines der Modellprojekte, die über das Bundesprogramm "Demokratie leben!" gefördert werden. Hier werden junge Menschen ab 10 Jahren motiviert und unterstützt, eigene Vorstellungen zu entwickeln und zu artikulieren. Im Mittelpunkt steht dabei zunächst die Willensbildung. Denn erst, wenn man sich dessen bewusst ist, dass man eine Haltung und Meinung hat, kann man sie vertreten. Das Angebot (PDF-Datei) richtet sich an Klassensprecherinnen und -sprecher, an Gremien und Arbeitsgemeinschaften in der Schule oder im Stadtviertel, an Kinder- und Jugendeinrichtungen sowie an alle aktiven, engagierten und interessierten Kinder und Jugendlichen. Gemeinsam mit diesen Zielgruppen werden in Workshops und bei Aktionen vor Ort Formate zu dem erarbeitet, was die jungen Menschen interessiert. Das Ziel: Sie lernen, ihre Interessen zu vertreten, und das auf kreative Weise zum Beispiel durch eigene Vlogs, Clips, GIFs oder Podcasts.

Neue Orte für Dialoge: diskutieren via App

Um unsere Demokratie zu stärken, müssen wir sie aktiv gestalten: durch neue Ideen und im ständigen Dialog. Eine Chance, sich darin zu üben, bietet unter anderem die App "Diskutier Mit Mir!", die mit Fördermitteln aus dem Bundesprogramm "Demokratie leben!" entwickelt wurde. Die App bringt Menschen, die politisch unterschiedlich denken, online zusammen und ins Gespräch. Auf diesem Weg kann man lernen, die eigene Meinung zu vertreten, aber auch sich selbst zu hinterfragen, und erfährt mehr über die Ansichten anderer und ihre Argumente. Ausgangspunkt der Diskussionen sind aktuelle Thesen, zum Beispiel "Gasembargo? Damit droht die größte Wirtschaftskrise seit dem Zweiten Weltkrieg". Wer dazu eine Meinung hat, kann in eine 1:1-Chat-Diskussion einsteigen. Per Algorithmus werden immer zwei Menschen im Chat verknüpft, die gegensätzliche Meinungen vertreten und sich im wahren Leben vielleicht nicht treffen würden: zum Beispiel eine 24-Jährige aus der Großstadt und ein 60-Jähriger vom Land.

Eine leuchtende Glühbirne

Tipps für konstruktive Gespräche

  • Offen bleiben
    Echte Dialogbereitschaft heißt, MIT und nicht gegen und schon gar nicht über Gesprächspartnerinnen und Gesprächspartner zu reden.

  • Genau hinhören, richtig verstehen
    Wer sich nicht sicher ist, was gemeint ist, sollte Rückfragen stellen – und zwar offen und sachlich.

  • Sachlich sein und beim Thema bleiben
    Wird es zu emotional, hilft es, sich auf Zahlen, Fakten oder Beispiele zu beziehen und sein Gegenüber ebenso darum zu bitten.

  • Neue Argumente einbringen
    Neuen Sichtweisen können eine Diskussion inspirieren. Kurze und einfache Sätze fördern zudem das Verständnis.

  • Respektvoll sein
    Beleidigende oder abwertende Äußerungen sind tabu. Auch Geschlecht, Alter oder Herkunft sind nur dann wichtig, wenn es konstruktiv zum Thema beiträgt.

  • Humor und Ironie richtig dosieren
    Humor ist erlaubt. Aber Vorsicht: Ironie wird manchmal missverstanden.

  • Ein Konsens ist nicht das Ziel.
    Der Dialog allein ist ein Gewinn. Es ist nicht immer nötig, dass am Ende alle einer Meinung sind.


Veröffentlicht im Dezember 2022

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