Einblick Was macht ein Landes-Demokratiezentrum?

Das Bundesprogramm "Demokratie leben!" fördert zivilgesellschaftliches Engagement auf mehreren Ebenen: Kommunal unterstützt es Partnerschaften für Demokratie, die sich in Städten, Gemeinden und Landkreisen betätigen. Bundesweit fördert es Kooperationsverbünde, die eine bundeszentrale Infrastruktur in ihren jeweiligen Themenfeldern aufbauen. Auf der Ebene der Bundesländer unterstützt es Landes-Demokratiezentren.

Ihr größter Aufgabenbereich ist die Gestaltung und Begleitung der Opfer- und Betroffenenberatung, der Mobilen Beratung sowie der Distanzierungs- und Ausstiegsberatung in allen 16 Bundesländern. Darüber hinaus kümmern sie sich um die Begleitung und Einbindung der Partnerschaften für Demokratie im jeweiligen Bundesland und können auch eigene Projekte umsetzen.

Beratungsangebote

Die Beratungsangebote gelten für Fälle Gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit: Extremismus, Antisemitismus, Antiziganismus, Rassismus, LSBTIQ*-Feindlichkeit und Antifeminismus sowie damit verbundene menschen- und demokratiefeindlichen Anschauungen.

Opfer- und Betroffenenberatung

Die Opfer- und Betroffenenberatung unterstützt unmittelbar Betroffene, deren Angehörige, Bekannte oder Zeuginnen und Zeugen. Sie bietet ihnen einen geschützten Raum, um über das Erlebte zu sprechen, berät sie zu juristischen Fragen, begleitet sie bei Polizei- und Behördengängen sowie der materiellen Bewältigung der Taten.

Mobile Beratung

Die Mobile Beratung wendet sich an Akteurinnen und Akteure des Gemeinwesens wie Vereine, Bildungseinrichtungen und Verwaltungen sowie Einzelpersonen, in deren Umfeld derartige Taten ausgeübt werden. Das können Lehrerinnen und Lehrer sein, die mit rassistischen Aussagen auf dem Schulhof konfrontiert werden, oder Eltern, die befürchten, ihr Kind könnte Mitglied einer extremistischen Gruppe sein. Aber auch Institutionen wie Freizeiteinrichtungen und Betriebe können sich an die Mobile Beratung wenden.

Deutschlandkarte mit Grenzen und Namen der Bundesländer
© BAFzA

Das Beispiel Hessen verdeutlicht, wie wichtig diese Angebote sind. Die Zahl der Beratungsanfragen ist dort ständig gestiegen. Das berichtet Tina Dürr, stellvertretende Leiterin des Landes-Demokratiezentrums Hessen: "Dieser kontinuierliche Anstieg erstreckt sich fast über den gesamten Zeitraum der Förderung durch 'Demokratie leben!' seit 2015, mit einem Einbruch der Beratungsanfragen in den Jahren der Pandemie 2020 bis 2022." So gab es 2015 noch 70 Beratungsanfragen, 2024 bereits 330. "Insbesondere das rassistische Attentat in Hanau am 19. Februar 2020 hat zu sehr hohen Anfragen bei der Opferberatung geführt." Solche Beratungen nach massiven rassistischen Angriffen seien zudem oftmals langwierig und intensiv, was sich nicht in den Zahlen zeige, da diese nur neue Beratungsfälle widerspiegelten.

Distanzierungs- und Ausstiegsberatung

Die Distanzierungs- und Ausstiegsberatung wiederum unterstützt Personen, die sich aus extremistischen Zusammenhängen lösen wollen. Sie berät sie, unterstützt beim Aufbau neuer sozialer Kontakte oder begleitet sie längerfristig bei der beruflichen oder schulischen Neuorientierung. Zudem versorgt sie Angehörige oder Freundinnen und Freunde mit Tipps und Handlungsanleitungen – mit dem Ziel, möglichst ganzheitlich jeder Form von Extremismus präventiv entgegenzuwirken.

Unterstützung der Partnerschaften für Demokratie

Zur Unterstützung der Partnerschaften für Demokratie gibt es in den Landes-Demokratiezentren neben festen Ansprechpersonen auch Austausch- und Vernetzungsformate. In Hessen umfasst dies zum Beispiel die Einladung zu vier Vernetzungstreffen im Jahr, so Tina Dürr, und die Unterstützung von eigenen Netzwerktreffen der Partnerschaften. Zudem bietet das dortige Landes-Demokratiezentrum ein Online-Seminar zur Verweisberatung an, "sodass insbesondere neue Partnerschaften für Demokratie oder aber neue Mitarbeitende ein Grundverständnis haben, bei welchen Anfragen oder Vorkommnissen sie Betroffene oder Ratsuchende verweisen können."

Auch um sie für Bedrohungslagen vorzubereiten, "versucht das Landes-Demokratiezentrum, die Partnerschaften im Vorfeld schon gut mit diversen wichtigen Akteurinnen und Akteuren zu vernetzen, die in einer Bedrohungslage unterstützen können", erklärt Dürr.

Eigene Angebote

Darüber hinaus können die Landes-Demokratiezentren eigene Schwerpunkte setzen und eigene Projekte mit Bezug zu Extremismus oder Phänomenen Gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit umsetzen.

So hat das Landes-Demokratiezentrum Hessen die Leihausstellung "RECHTSaußen – oder MITTEndrin?" entwickelt. Neben 21 Aufstellern zu Erscheinungsformen von und Handlungsmöglichkeiten bei Rechtsextremismus umfasst sie eine Webseite mit Methoden und weiterführender Literatur, um auch didaktisch mit der Ausstellung arbeiten zu können.

Für Bildungseinrichtungen, die sich präventiv gegen Extremismus einsetzen wollen, hat es die Broschüre "Extrem gut" erarbeitet. Sie umfasst "alle Angebote für Schulen im Bereich Rechtsextremismus, aber auch religiös motivierter Extremismus, sowie die Träger, die zu Rassismus, Antisemitismus und weiteren Formen von Gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit arbeiten", so Tina Dürr. "Die Broschüre wird stark von Schulen nachgefragt."

Diese Beispiele zeigen, dass die Landes-Demokratiezentren ihre Arbeit an die jeweiligen Zielgruppen anpassen und Engagement für Vielfalt und Demokratie sowie gegen Extremismus erfolgreich unterstützen.

-----

Veröffentlicht im April 2025