Programmbereich "Extremismusprävention in Strafvollzug und Bewährungshilfe"

Das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) will im Rahmen des Bundesprogramms "Demokratie leben!" im Programmbereich "Extremismusprävention in Strafvollzug und Bewährungshilfe" die seit 2017 aufgebaute bundesweite zivilgesellschaftliche Beratungs- und Unterstützungsstruktur im Themenfeld, die sich inzwischen innerhalb der Justizstrukturen und den Haftanstalten etablieren konnte, fördern und weiterentwickeln.

Im Rahmen des Förderbereichs "Extremismusprävention in Strafvollzug und Bewährungshilfe" sollen Projekte gefördert werden, die Arbeitsansätze der Beratung und Begleitung von radikalisierungsgefährdeten, ideologisierten oder wegen einschlägiger Straftaten Inhaftierten und Klientinnen und Klienten der Bewährungshilfe weiterentwickeln und neue Arbeitsansätze für die Arbeit im Themenfeld entwickeln.

Dabei sollen die Projekte menschenfeindliche Einstellungen sowie das Propagieren von Ungleichwertigkeit unterschiedlicher sozialer Gruppen und vorurteilsbasierte, politisch und/oder religiös/weltanschaulich motivierte Gewalt aus allen Phänomenbereichen (Rechtsextremismus, islamistischer Extremismus, linker Extremismus) adressieren, bearbeiten, eine schrittweise Distanzierung gestalten sowie eine Reintegration nach der Haftentlassung unterstützen. Weiterhin sollen sie Aus- und Fortbildungsmaßnahmen für Mitarbeitende im Themenfeld entwickeln, um ihnen mehr Handlungssicherheit im Umgang mit Radikalisierungsverläufen zu geben.

Ziele

Im Förderbereich "Extremismusprävention in Strafvollzug und Bewährungshilfe" ist die zeitlich begrenzte Förderung von Projekten für den Förderzeitraum 2025 bis 2032 vorgesehen, die Erkenntnisse bringen sollen im Hinblick auf die Gestaltung und Weiterentwicklung bestehender und Entwicklung und Erprobung neuer Arbeitsansätze und/oder neuer Wege der Zielgruppenerreichung und -ansprache. Damit tragen sie zur Weiterentwicklung der präventiv-pädagogischen Fachpraxis bei.

Folgende konkrete Ziele werden dabei verfolgt:

  • Jugendliche und Heranwachsende im Jugendarrest, Inhaftierte im Strafvollzug, Probandinnen und Probanden der Bewährungshilfe und untergebrachte Maßregelvollzugspatientinnen und -patienten beginnen, auch unter Einbeziehung ihres sozialen Umfeldes, sich von ihren bisherigen Positionen zu distanzieren, befürworten stärker demokratische Werte und Menschenrechte, zeigen Veränderungsbereitschaft, lernen mithilfe professioneller und adäquater Beratung extremistische Bestrebungen und Narrative zu erkennen und sich davon zu distanzieren.
  • Im Jugendarrest, im Strafvollzug, in der Bewährungshilfe, im Maßregelvollzug und in der Justiz Tätige, die mit radikalisierten jungen Menschen zu tun haben, und Auszubildende können Radikalisierungsprozesse erkennen, Handlungsansätze zu deren Unterbrechung und zur Deradikalisierung entwickeln und umsetzen. Sie können mit Konflikten umgehen, sind rassismus- und antisemitismuskritisch geschult und kennen Grundlagen der Demokratie- und Menschenrechtsarbeit.

Zielgruppen

  • Im Schwerpunkt Jugendliche und junge Erwachsene im Jugendarrest, in Untersuchungshaft, im Strafvollzug, in der Bewährungshilfe und im Maßregelvollzug;
  • deren Eltern und Familienangehörige sowie weitere Bezugspersonen (soziales Umfeld);
  • in Jugendarrest, Untersuchungshaft, Strafvollzug, Bewährungshilfe und Maßregelvollzug Tätige (zum Beispiel im Allgemeinen Vollzugsdienst, Sozialdienst, Psychologischen Dienst sowie Lehrkräfte) sowie Anwärterinnen und Anwärter des Justizvollzugsdienstes und Auszubildende;
  • weitere in der Justiz Tätige (zum Beispiel Richterinnen und Richter, Staatsanwältinnen und Staatsanwälte, Rechtspflegerinnen und Rechtspfleger, Gerichtsvollzieherinnen und Gerichtsvollzieher);
  • ehren-, neben- und hauptamtlich in der Jugendhilfe, im Strafvollzug und der Bewährungshilfe Tätige, die mit entsprechenden jungen Menschen konfrontiert sind;
  • staatliche und zivilgesellschaftliche Akteurinnen und Akteure im Themenfeld.

Maßnahmen

Im Rahmen des Bundesprogramms wird im Förderbereich "Extremismusprävention in Strafvollzug und Bewährungshilfe" in jedem Bundesland eine Organisation oder ein Verbund an Organisationen bei der Durchführung eines Projekts in bedarfsspezifischen Themenbereichen zur Prävention und/oder im Bereich der Deradikalisierung im Jugendarrest, im Strafvollzug, in der Bewährungshilfe und/oder im Maßregelvollzug gefördert.

Der Schwerpunkt der Maßnahmen wird auf den Bereich der Extremismusprävention und Deradikalisierung gelegt. Jedes Projekt muss mindestens Maßnahmen in den Phänomenbereichen Rechtsextremismus und islamistischer Extremismus anbieten oder phänomenübergreifende Angebote vorhalten. Ein Bedarf an primärpräventiven Maßnahmen und in den Themenfeldern Demokratieförderung und Vielfaltgestaltung kann daneben ebenfalls adressiert werden.

Es können neue Formen der Zusammenarbeit zwischen Zivilgesellschaft und Justizministerien sowie -vollzugsanstalten und neue Wege der Erschließung bisher unterrepräsentierter spezifischer Zielgruppen wie radikalisierungsgefährdete beziehungsweise radikalisierte Frauen, Familienangehörige und Probandinnen und Probanden der Bewährungshilfe in den Fokus genommen werden.

Weiterhin sollen innerhalb der Förderlaufzeit themenspezifische Fortbildungsangebote für Fachkräfte der verschiedenen Einrichtungen für (neue) Phänomenbereiche und aktuelle Themen sowie eine Erweiterung auf spezifische Berufsgruppen der Justiz, wie Richterinnen und Richter und Staatsanwältinnen und Staatsanwälte, den Maßregelvollzug und auf den Ausbildungskontext angestrebt werden.

Da die Phase der Haftentlassung eine besonders sensible ist, bei der es auch zu Anfälligkeiten für Radikalisierungsprozesse kommen kann, sollen als Teil des Übergangsmanagements und des Stabilisierungscoachings Einzelfallberatungen mit Klientinnen und Klienten der Bewährungshilfe fortgeführt und ausgebaut werden.

Begrüßt werden zudem Formatentwicklungen, in denen verschiedene Disziplinen (zum Beispiel Sicherheits- und Justizkräfte, Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter, Psychologinnen und Psychologen, Psychotherapeutinnen und -therapeuten, Ärztinnen und Ärzte, Pädagoginnen und Pädagogen) gemeinsam und koordiniert mit Akteurinnen und Akteuren der Extremismusprävention und Deradikalisierung zusammenarbeiten, um Distanzierungs- und Ausstiegsprozesse aus extremistischen Gruppen und Ideologiewelten – beispielsweise bei psychisch Erkrankten – zu unterstützen.

Weiterhin können Möglichkeiten der Nutzung digitaler Formate im Rahmen der Extremismusprävention und Deradikalisierung und zur Stärkung der Medienkompetenz und Resozialisierung entwickelt und erprobt werden. Ebenfalls können digitale Ansätze zur Anwendung auf Weiterbildungs- und Fortbildungsangebote entwickelt werden.

Schließlich ist eine regelmäßige Teilnahme und ein partizipatives Mitwirken an Formaten des Fachaustauschs und der Vernetzung innerhalb des Programmbereichs zur fachlichen Weiterentwicklung des Themenfelds erforderlich.

Im Programmbereich Extremismusprävention in Strafvollzug und Bewährungshilfe wird es kein Interessenbekundungsverfahren durch das BMFSFJ geben. Ob für die Auswahl der potenziellen Zuwendungsempfänger (landesweite) Interessenbekundungsverfahren oder andere Wettbewerbe durchgeführt werden oder nicht, entscheiden die Landes-Demokratiezentren/Landesjustizministerien eigenständig.

Vorbehaltlich der zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel werden zur Finanzierung der Projekte bis zu 650.000,00 Euro pro Jahr je Projekt aus Bundesmitteln zur Verfügung gestellt. Die Zuwendungsempfänger müssen sich angemessen an der Finanzierung und Gestaltung der Projekte beteiligen.