Bedrohte Zivilgesellschaft

Eine Pilotstudie vom DeZIM-Institut zeigt akuten Handlungsbedarf auf. Befragt wurden die Modellprojekte des Handlungsfelds Vielfaltgestaltung. Sie sehen sich zahlreichen Bedrohungen ausgesetzt.

Für einen Großteil der zivilgesellschaftlichen Organisationen, die sich für eine offene Gesellschaft sowie gegen Rassismus und Antisemitismus engagieren, gehören Bedrohungen zum Alltag – von gezielten Verleumdungskampagnen über verbale Attacken bis hin zu körperlicher Gewalt. Die meisten Angriffe erfolgen dabei aus dem rechten bis rechtsextremen Milieu. Das offenbaren die ersten Ergebnisse der DeZIM-Pilotstudie "Bedrohte Zivilgesellschaft". Sie wurde unter allen zivilgesellschaftlichen Organisationen, die im Handlungsfeld "Vielfaltgestaltung" als Modellprojekt-Träger gefördert werden, durchgeführt.

Die ersten Ergebnisse zeigen: Zivilgesellschaftliche Institutionen stehen unter Druck. Insbesondere Initiativen, die sich im Bereich Antirassismus und gesellschaftliche Vielfalt engagieren, sind Bedrohungen ausgesetzt. Diese gehören zum Arbeitsalltag, sowohl physische Angriffe als auch diffuse Bedrohungswahrnehmungen. Sie belasten Projektmitarbeitende, beeinträchtigen Arbeitsprozesse und haben das Potenzial, demokratisches Engagement zurückzudrängen. Betroffene Organisationen entwickeln Bewältigungsstrategien, um mit Bedrohungen umzugehen. Diese reichen jedoch nicht aus, um ihre Handlungs- und Arbeitsfähigkeit langfristig zu sichern. Die befragten Organisationen formulieren Unterstützungsbedarfe an Politik und Gesellschaft. Neben Solidarität und Rückendeckung brauchen zivilgesellschaftliche Organisationen bessere rechtliche Möglichkeiten, um sich zu schützen, auch hinsichtlich der Strafverfolgung. Zudem sollten Sicherheitsbehörden und Einwohnermeldeämter sensibilisiert, Beschwerdestrukturen ausgebaut und staatliche Beratungsangebote zum Umgang mit Bedrohungslagen etabliert werden.

Die Pilotstudie wurde im Rahmen des Projekts "Bedrohungslagen von zivilgesellschaftlichen Organisationen im Themenfeld Vielfaltgestaltung" von Dr. Nora Ratzmann und Dr. Moritz Sommer verfasst. Sie nimmt erstmals systematisch die Bedrohungslagen von 67 zivilgesellschaftlichen Projektträgern, die im Handlungsfeld "Vielfaltgestaltung" gefördert werden, in den Blick. Auf Basis einer Kombination aus standardisierten, quantifizierbaren Fragen sowie vertiefenden qualitativen Interviews wurden dabei Frequenz, Form und Ort von sowie der Umgang mit Anfeindungen, Drohungen und Übergriffen untersucht.