Kinder und Eltern spielen zusammen mit Instrumenten.

Von der Krabbelgruppe zur Lerngemeinschaft: Demokratische Werte spielerisch vermitteln

Das Modellprojekt "Zusammenspiel – Gemeinsam mehr erreichen" schafft Begegnungsangebote für Eltern und Kinder und baut gemeinsam mit allen Beteiligten Partizipationsmöglichkeiten in Gemeinschaftseinrichtungen aus.

Pinselstrich

Demokratiebildung beginnt schon in der Kindertagesstätte (Kita). Denn Kitas sind für Kinder der erste öffentliche Raum, in dem sie sich bewegen sowie Erfahrungen mit Werten und Regeln im demokratischen Zusammenleben machen. Das Modellprojekt "Zusammenspiel – Gemeinsam mehr erreichen" aus Hoyerswerda schafft mit angeleiteten niedrigschwelligen Lerngemeinschaften Begegnungsräume für junge Eltern und deren Kinder. In den Lerngemeinschaften werden spielerisch politische Bildungsinhalte vermittelt, sprachliche und kommunikative Fähigkeiten bei Kindern gefördert und ein Demokratieverständnis entwickelt.

Das Modellprojekt arbeitet in Kindertageseinrichtungen, Familienzentren, Familienbildungsstätten, Bildungseinrichtungen oder auch Gemeinschaftseinrichtungen und richtet seine Bildungsangebote an junge Eltern zwischen 20 und 40 Jahren, deren Kinder (bis zu drei Jahren), an pädagogische Fachkräfte und die Leitungsebene der Einrichtungen. Gemeinsam entwickeln Kinder, Eltern und Fachkräfte in Lerngemeinschaften Ideen und Möglichkeiten zur Stärkung von Partizipation, demokratischer Handlungskompetenz und inklusiver Organisationsentwicklung in der Gruppe und den Einrichtungen. Sie erleben und erfahren so Beteiligung und Mitwirkung.

Eltern aus verschiedenen Erziehungskulturen

"Junge Eltern nehmen die Kita oft als schönen Ort wahr, in die ihr Kind gern geht und wo es behütet wird. Sie nehmen sie aber kaum als Bildungsort, auch für sich selbst, wahr", berichtet Jana Werner, Projektreferentin im Projekt "Zusammenspiel – Gemeinsam mehr erreichen". In den Lerngruppen erfahren Eltern aus verschiedenen Milieus und Erziehungskulturen, wie sie ihren Kindern Werte anschaulich und lebensnah weitergeben können. Dazu treffen sie sich wöchentlich gemeinsam mit den Kindern und erhalten von den eigens dafür geschulten Elternbegleiterinnen und -begleitern Anregungen für die politische Bildung und Partizipation von Kindern. Durch Aushänge in den Einrichtungen und Mundpropaganda werden die jungen Eltern auf die Lerngemeinschaften aufmerksam gemacht.

Kinder und Eltern spielen zusammen mit Instrumenten.
Die Eltern-Kind-Gruppen setzen sich aus Familien verschiedener Erziehungskulturen zusammen und werden von Elternbegleiterinnen und -begleitern angeleitet. Bild: RAA Hoyerswerda/Ostsachsen e. V.

Interessierte Eltern oder Fachkräfte können sich auch direkt als Elternbegleiterinnen und -begleiter bewerben. "Meist haben die Einrichtungsleiter schon konkrete Personen im Kopf: Eltern von größeren Kindern aus dem Kindergarten, Großeltern oder ehemalige Mitarbeitende", berichtet Jana Werner. "Die zukünftigen Elternbegleiter bekommen dann von uns eine Schulung, in der die Hintergründe und Materialien noch einmal konkret vorgestellt werden." Das Projekt gibt ihnen Materialien zur Gestaltung von Gruppentreffen an die Hand und bleibt durch regelmäßige Reflexionsgespräche im Austausch mit den Elternbegleiterinnen und -begleitern.

Zahlreiche niedrigschwellige Materialien

In den Eltern-Kind-Gruppen geht es dann um ein dem Entwicklungsstand angepasstes Erlernen demokratischer Ansichten und wertschätzender Verhaltensweisen. Dafür bietet das Projekt zahlreiche Angebote, die Eltern mit ihren kleinen Kindern nutzen können und die von den Elternbegleiterinnen und -begleitern angeleitet werden: Das Material reicht von Geschichten, Ausmalbildern, Liedern, Fingerspielen, Rätseln und Übungen, Bastel- und Zeichenanleitungen, Rezepten bis hin zu Massagen, und dies zu vielfältigen Themen wie etwa Klima, Umwelt, Nachhaltigkeit, und verschiedenen Anlässen im Jahresverlauf wie Fasching, Purim, Pessach, Ostern, Ramadan, Kindertag, Martinstag, Chanukka oder Weihnachten.

Mit den Einrichtungen zusammen baut das Projekt vor Ort die Eltern-Kind-Gruppen auf und gestaltet diese aus. "Wir haben mit dem Landkreis Bautzen begonnen und arbeiten seit diesem Jahr auch mit Einrichtungen im Landkreis Görlitz zusammen. Es sind Kindertageseinrichtungen in freier und kommunaler Trägerschaft, unter anderen die Kita Nesthäkchen in Hoyerswerda (Diakonie)." Darüber hinaus sind aber auch Gruppen in der Stadtbibliothek Hoyerswerda und im Mehrgenerationenhaus Bautzen entstanden.

"Junge Eltern nehmen die Kita oft als schönen Ort wahr, in die ihr Kind gern geht und wo es behütet wird. Sie nehmen sie aber kaum als Bildungsort, auch für sich selbst, wahr."

Jana Werner, Projektreferentin "Zusammenspiel – Gemeinsam mehr erreichen"

Die Gruppen sind auch für (mehrsprachige) Familien geeignet, deren Kinder bisher keine Kita besuchen. Denn das Projekt möchte mit seinem Angebot nicht nur die Erziehungskompetenzen der Eltern stärken, sondern auch die Mehrsprachigkeit in den Familien fördern und eine weltoffene, respektvolle Grundeinstellung gegenüber verschiedenen Kulturen und Sprachen festigen. Inhalte des Sprachbildungsprogramms "Griffbereit" fließen daher genauso in ihren Vermittlungsansatz ein wie Aspekte der Vielfaltssensibilisierung.

Ganz besonders stolz ist das Projekt auf die jüngste Auszeichnung ihres Ansatzes, berichtet Jana Werner. Die John-Dewey-Forschungsstelle für die Didaktik der Demokratie (JoDDiD) zeichnete am 3. Juli 2023 politische Bildungsprojekte in Sachsen aus und eine der insgesamt 15 Auszeichnungen erhielt die RAA Hoyerswerda/Ostsachsen e. V. für ihr Modellprojekt "Zusammenspiel". Auf der Plattform "Einfach gut gemacht" der Forschungsstelle wird das Projekt und sein Vermittlungsansatz in einem Video anschaulich mit Eindrücken aus der Kindertagesstätte Nesthäkchen in Hoyerswerda vorgestellt.


Veröffentlicht im September 2023

Dieser Beitrag ist Bestandteil des Themenmonats "Kinderrechte und Kinderbeteiligung":

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