Kinderhände auf einem vorgedruckten Plakat beim Ausmalen

Smartphones, Medienregeln und Kinderrechte

Auch im digitalen Raum gelten Kinderrechte! Dabei geht es um Teilhabe, Förderung und Schutz. Mit dem thüringischen Projekt "#Kinderrechte digital leben!" werden Kinder, Eltern und pädagogische Fachkräfte unterstützt, Kinderrechte digital wahrzunehmen und umzusetzen.

Pinselstrich

Smartphone, Laptop und Tablet – der digitale Raum gehört für Kinder zum Alltag dazu. Denn die digitalen Medien und die Welt des Internets ermöglichen es, die Lieblingsserie zu streamen, für die nächsten Klassenarbeit zu recherchieren oder einfach mit anderen zu chatten. Eltern und pädagogische Fachkräfte stehen vor der Herausforderung, diesen Prozess zu organisieren und zu (be)schützen.

Wichtig ist: Kinder haben ein Recht auf digitale Teilhabe, damit sie mehr über digitale Medien erfahren und diese für ihre Fähigkeiten und Bildung nutzen können. Nathalie Scheer und Clara von der Heydt vom Modellprojekt "#Kinderrechte digital leben!" bieten daher Workshops, Fortbildungen und Vorträge über Kinderrechte im digitalen Raum an. Sie arbeiten mit Kindern im Alter von acht bis zwölf Jahren, mit Eltern und pädagogischen Fachkräften. Sie setzen sich dafür ein, dass Kinder in allen sie betreffenden Entscheidungen miteingebunden sind und "besonders ihr Wissen um ihre Lebenswelt – in unserem Fall Medien – als bedeutsame Expertise berücksichtigt wird. Die These, dass Beteiligung von klein auf gelernt werden muss, ist für uns handlungsleitend." Darum sind die medienbezogenen Aushandlungsprozesse ein Schwerpunkt in ihrer Arbeit.

Kinderrechte im digitalen Raum

Die 25. Allgemeine Bemerkung (General Comment) der UN-Kinderrechtskonvention behandelt die Rechte von Kindern im digitalen Umfeld, unter anderem mit der Berücksichtigung des Rechts auf Bildung oder der Perspektive der Kinder.

In den sogenannten General Comments äußern sich Fachausschüsse über grundlegende Fragen zur Auslegung der Kinderrechte. Mehr erfahren

Kinder haben ein Recht auf Privatsphäre

Das Team von "#Kinderrechte digital leben!" sieht den demokratischen Umgang mit Medienregeln allerdings nicht immer gegeben. "Dabei können Kinder mitunter besser einschätzen, wie beispielsweise ein Spiel funktioniert und ob eine Zeitbegrenzung überhaupt Sinn ergibt oder eine andere Regelung besser wäre." Zudem werden in der Praxis die Rechte der Kinder nicht immer eingehalten, ein Beispiel ist das Recht auf Privatsphäre. "Das Abfragen von Passwörtern, das Durchsuchen von Chatverläufen und Sharenting, also das übermäßige Teilen von Informationen der Kinder im Internet durch ihre Eltern, passiert leider sehr oft." Klar sei, dass Eltern und Fachkräfte andere Herausforderungen sehen als Kinder, wie in einer erhöhten Mediennutzung oder ungeeigneten Spielen. Darüber hinaus bestehen weitere Risiken, denn auch Kinder können von Cybermobbing, Desinformationskampagnen oder Angriffen krimineller Personen betroffen sein.

Der digitale Raum gehört trotz der Risiken zur Lebensrealität von Kindern. "Es bedarf keiner neuen Kinderrechte für die digitale Welt, da diese fast alle Lebensbereiche von Kindern betrifft und somit ein Querschnittsthema der gesamten UN-Kinderrechtskonvention ist", so das Projektteam. In der 25. Allgemeinen Bemerkung der Vereinten Nationen über Kinderrechte wird daher beschrieben, welche Rechte und Pflichten mit dem digitalen Umfeld verbunden sind, etwa das Recht auf Zugang zu Medien, der Schutz der Daten und Privatsphäre sowie der Schutz vor Gewalt.

Kinder kennen ihre Rechte

Aus den Erfahrungen des Projektteams kennen Kinder im Grundschulalter ihre Rechte, aber der Bezug zum digitalen Raum ist für viele etwas Neues: "Jedoch haben Kinder in der Regel ein gutes Gespür dafür, welche Rechte sie auch im digitalen Raum haben. Sie wünschen sich mehr Mitsprache und weniger Überwachung durch ihre Erziehungsberechtigten. Außerdem stören sie sich an übermäßiger, oft auch unangemessener Werbung und Kostenfallen und wünschen sich, dass das Internet mehr kostenfreie, kindgerechte Angebote für sie bereithält." Die Sorgen, Wünsche und Gedanken über digitale Rechte von über 100 Kindern aus den Workshops sind mit ihrem Einverständnis und anonymisiert in der Publikation "Kinderstimmen" festgehalten.

"Jedoch haben Kinder in der Regel ein gutes Gespür dafür, welche Rechte sie auch im digitalen Raum haben. Sie wünschen sich mehr Mitsprache und weniger Überwachung durch ihre Erziehungsberechtigten."

Projektteam "#Kinderrechte digital leben!"

Start in den digitalen Raum

Aber ab wann sollten sich Kinder mit Handy und Co. auseinandersetzen? "Klare Empfehlungen sind schwierig, denn unserer Meinung nach sind immer die individuellen Kompetenzen und Bedürfnisse der Kinder entscheidend. Wir finden jedoch: Es gibt einen klaren Unterschied zwischen der Nutzung digitaler Medien und der Internetnutzung." Das bedeutet, kindgerechte Apps oder kurze Videos werden gemeinsam mit den Eltern genutzt und durch diese intensiv begleitet. Tipps dazu gibt unter anderem die Initiative "Schau hin". Bei der Internetnutzung ist es sehr wichtig, dass Kinder begleitet werden. "Hier besorgen uns die Ergebnisse der aktuellen KIM-Studie: Knapp die Hälfte der Eltern (48 Prozent) geben an, dass ihr Kind allein ins Internet gehen darf oder dürfte. Dabei nutzt die Mehrheit der Erziehungsberechtigten (68 Prozent) keinerlei technische Hilfsmittel zum Schutz vor ungeeigneten Inhalten wie Filter oder Sicherheitseinstellungen", so das Projektteam.

Im Blog von "#Kinderrechte digital leben!" ist dies unter anderem ein Thema, daneben gibt es Empfehlungen für kindgerechte Seiten und weitere Schwerpunkte der Kinderrechte. Die Geräte und Browser sollten beim Surfen im Netz durch technische Jugendschutzeinstellungen altersgerecht gesichert sein. Zudem können Medienregeln helfen, indem diese vielleicht feste Medienzeiten oder bestimmte Apps einbeziehen. "Wir empfehlen auch gern den 'Mediennutzungsvertrag' vom Internet-ABC und Klicksafe", so das Projektteam. Dieser wird von Kindern und Eltern gemeinsam erstellt. "Auch wenn so ein Vertrag erstmal sehr bürokratisch klingt – meistens halten sich Kinder eher an Regeln, an denen sie selbst mitgearbeitet haben. Dabei sollten Medienregeln im Familienalltag für die Eltern natürlich nicht vergessen werden."


Veröffentlicht im September 2023

Dieser Beitrag ist Bestandteil des Themenmonats "Kinderrechte und Kinderbeteiligung".

Publikation

Mit "Mikas erstes Smartphone" gibt es einige Gesprächsanregungen zur Frage über das erste Mobiltelefon, zudem bieten die Materialien und Blogeinträge des Projekts weiterführende Informationen.  

Titelbild der Publikation "Mikas erstes Smartphone" mit einem Kind und der Sprechblase "Ich möchte jetzt auch ein eigenens Smartphone!"