Beim Umwelt- und Naturschutz denken wohl nur wenige sofort daran, dass er von extremen Rechten für ihre Ziele missbraucht wird. Tatsächlich versuchen aber zahlreiche rechtsextreme Akteurinnen und Akteure sowie Gruppierungen, ihre Ideologie besonders im ländlichen Raum in diesem Kontext zu verbreiten. Die Verknüpfung von Rechtsextremismus und Naturschutz kann in Deutschland sogar auf eine langjährige Geschichte zurückblicken, die zunächst von völkischer, dann von faschistischer Ideologie geprägt war.
Das Bundesprogramm "Demokratie leben!" fördert mit "NaturSchutzRaum – Rechtsextremismusprävention im Natur- und Umweltschutz" und "Mensch.Natur.Gesellschaft. Ökologisches Engagement für Demokratie & Rechtsstaatlichkeit" zwei Modellprojekte, die völkischen und rechtsextremen Ideologien in diesem Bereich entgegentreten.
Rechtsextreme Strategien
Rechtsextreme wollen mittels sogenannter "rechter Landnahme" ihre Ideologie Schritt für Schritt in ländlichen, strukturschwachen Gebieten verbreiten: Völkisch ideologisierte Familien, neue Rechte oder Rechtsesoteriker ziehen aufs Land, betreiben dort Bio-Landwirtschaft oder Handwerksbetriebe.
Einerseits schaffen sie damit Rückzugs- und Versammlungsorte für Gleichgesinnte, die sich dort relativ ungestört austauschen können. Andererseits versuchen sie in Vereinen, Gemeinden und Erziehungseinrichtungen, ihre Ansichten unter dem Deckmantel des lokalen Engagements für populäre Umwelt-Themen zu verankern.
Sie setzen zum Beispiel Naturschutz mit Heimatschutz gleich: Eine Veränderung der Natur durch "fremde" Tiere und Pflanzen sowie durch industrielle Landwirtschaft führe auch zu einer Veränderung und damit Zerstörung des "deutschen Volkes". Von dort wird dann der Bogen geschlagen zur Forderung, auch "fremde" Menschen auszuweisen.
Diese Strategie ist Teil einer sogenannten "Kulturrevolution von rechts": Schritt für Schritt soll die Zivilgesellschaft von den Positionen der Rechtsextremen überzeugt werden und der gesellschaftliche Diskurs nach rechts verschoben.
Gegenmaßnahmen
Um solchen Tendenzen so früh wie möglich entgegenzuwirken, bieten "NaturSchutzRaum" und "Mensch.Natur.Gesellschaft." vielfältige Schulungen an.
"NaturSchutzRaum" vermittelt Haupt- und ehrenamtlich Aktiven im Natur- und Umweltschutz, wie sie selbst Workshops durchführen können, um vor Ort mit radikalisierungsgefährdeten jungen Menschen zu arbeiten und sie bei der Distanzierung zu unterstützen. Für Studierende der "Grünen Berufe" wie zum Beispiel Ökolandbau wird ein Online-Seminar entwickelt, das sie für die Beeinflussung durch rechtsextreme Ideologie sensibilisiert und das bundesweit zur Verfügung gestellt werden soll.
"Mensch.Natur.Gesellschaft." setzt den Schwerpunkt darauf, junge, im Natur- und Umweltschutz engagierte Menschen darin zu schulen, rechtsextremen Tendenzen in der digitalen Welt entgegenzutreten. Wie in einem Projektfilm zu sehen, gehören aber auch Exkursionen zu Orten wie dem Nationalpark Sächsische Schweiz oder dem Westwall dazu, an denen im Nationalsozialismus Umwelt- und Naturschutz mit faschistischer Ideologie verbunden wurde.
Beschluss der Umweltministerkonferenz
Auch die Umweltministerinnen und Umweltminister der Länder beziehen Position gegen rechtsextremistische Bestrebungen im Umwelt- und Naturschutz. Mit einem Beschluss der 95. Umweltministerkonferenz vom November 2020 bitten sie den Bund, ein "Aktionsprogramm Naturschutz gegen Rechtsextremismus" zu entwickeln. Hier sollen Bildungsaktivitäten von Bund und Ländern für nachhaltige Entwicklung und zur Aus- und Fortbildung von Fachkräften gebündelt werden. Außerdem soll der Instrumentalisierung von Erinnerungsorten mit Naturschutzbezug durch Rechtsextreme entgegengewirkt werden.