Wie funktioniert Antisemitismus? Was bedeutet das eigentlich? Die Website www.an-allem-schuld.de informiert über Antisemitismus und richtet sich dabei an Jugendliche ab 14 Jahren. Mit verschiedenen, interaktiven Zugängen zum Thema werden Klischees und Verschwörungserzählungen kritisch hinterfragt.
"Es gibt unheimlich viele Informationen über Antisemitismus im Internet, aber wenige sind jugendgerecht aufbereitet", sagt Malte Holler, Projektentwickler für die Website. In den unterschiedlichen Blickrichtungen auf Antisemitismus werden aktuelle Aspekte, Gerüchte oder der jüdische Alltag aufgegriffen, interaktiv und vielfältig aufbereitet. Die Formate reichen von Statements, Videos, Denkspielen bis hin zu längeren Hintergrundtexten. "Es geht darum, sich qualifiziert mit Antisemitismus und seinen Erscheinungsformen, aber auch seinen Mechanismen und Funktionsweisen, zu befassen", so Malte Holler.
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Website: www.an-allem-schuld.de
Projekt: Bildung in Widerspruch – Online gegen Antisemitismus
Selbstreflexion ermöglichen
Die Seiteninhalte hat das vierköpfige Projektteam von "Bildung in Widerspruch – Online gegen Antisemitismus" eigenständig erarbeitet. Eine Reihe von Erklärfilmen entstand dabei unter anderem in Zusammenarbeit mit einer Comic-Werkstatt, weitere Videos in Kooperation mit dem Projekt "Meet a Jew".
"Wir wollten Anregungen geben, sich selbst zu reflektieren, also darüber nachzudenken, was sind meine Sichtweisen auf Antisemitismus. Wo habe ich vielleicht Vorurteile oder wo reproduziere ich solche", sagt Malte Holler. Ein Ziel ist es auch, vorurteilbehaftetes Denken in der Gesellschaft sichtbar zu machen. "Dieser Moment der Selbstreflexion ist für uns sehr wichtig, deshalb haben wir versucht, das zentral zu berücksichtigen." Auf der Website werden zudem Fragen thematisiert wie:
Woher kommt der Begriff "Antisemitismus"?
Warum sollen Jüdinnen und Juden an allem schuld sein?
Gibt es Antisemitismus auf der ganzen Welt?
Auswirkungen thematisieren
Die Auswirkungen von Antisemitismus sind in den Beiträgen der Website wesentlich. An anderer Stelle wiederum erzählen junge Jüdinnen und Juden in Videos aus ihrem Alltag. Die vielfältigen Schilderungen ihres Jüdischseins durchbrechen gängige Klischees.
In Vorbereitung der Konzeption hat das Projektteam drei Umfragen durchgeführt, unter Jugendlichen, pädagogischen Fach- und Lehrkräften sowie unter Menschen, die sich als jüdisch verstehen. Die Ergebnisse sind in der Publikation "Mehrfachnennung möglich" einzusehen.
Technische Herausforderungen
Das digitale Format und die dadurch bedingten Grenzen gehörten zu den Herausforderungen der Projektarbeit. "Was wir sonst in der Bildungsarbeit umsetzen, also diskursiv vorzugehen und zu diskutieren und auch an Widersprüchen in direktem Kontakt mit jungen Menschen zu arbeiten, war technisch nicht möglich", so Malte Holler. "Die Entwicklung neuer Formate ist teuer und wir mussten uns oftmals entscheiden, welche technischen Methoden wir ausgestalten."
Jeder Themenschwerpunkt eröffnet unterschiedliche Sichtweisen auf Antisemitismus, die immer auch an aktuelle Entwicklungen anknüpfen können. Das zeigt sich etwa beim Thema des israelbezogenen Antisemitismus, der seit dem 7. Oktober 2023 besonders hervortritt – und die Arbeit an der Website begleitet hat, die im November 2023 veröffentlicht wurde.
Angebote für die pädagogische Arbeit
Das Team von "Bildung in Widerspruch – Online gegen Antisemitismus" befindet sich nun in der letzten Projektphase und arbeitet für pädagogische Fachkräfte am Begleitmaterial zur Website. "Wir sind dabei, Ideen zu entwickeln, auszuformulieren und entsprechend aufzubereiten, um Möglichkeiten aufzuzeigen, wie www.an-allem-schuld.de auch in analogen pädagogischen Prozessen eingebunden werden kann", sagt Malte Holler. Zudem gibt es noch Veranstaltungen für Multiplikatorinnen und Multiplikatoren, um über Antisemitismus im pädagogischen Kontext zu sprechen. Die nächsten Termine werden dafür im Instagram-Kanal von "Bildung im Widerspruch" veröffentlicht.
Dazu kommt, auch wenn die Website vorerst über die Projektlaufzeit hinaus weiterbesteht, das Online-Angebot nachhaltig abzusichern. "Wir müssen als Herausforderung die Finanzierung sicherstellen: Solange Projekte modellhaft gefördert werden, ist es nicht möglich, fertige Ergebnisse oder bestehende Websites einfach weiterzuführen."
Veröffentlicht im August 2024