Trotz pandemiebedingter Kontaktbeschränkungen finden Städte und Kommunen Wege, um das gesellschaftliche Miteinander aufrechtzuerhalten. Auch wenn der Großteil der Gesellschaft solidarisch ist, die Verordnungen mitträgt und sich zum Schutze anderer impfen lässt, lehnen Einzelne dies ab. Mit zunehmender Dauer der Pandemie wird nicht nur Kritik an den Einschränkungen in der Öffentlichkeit und auf Demonstrationen geäußert, sondern bei einigen Demonstrationen sind auch Vertreterinnen und Vertreter extremistischer und demokratiefeindlicher Haltungen zugegen.
Eine freie Demokratie muss Meinungsvielfalt, Kontroversen und Kritik aushalten. Doch es gibt auch Grenzen und diese werden durch die Pandemie und ihre gesellschaftlichen Folgen auf die Probe gestellt. Derzeit müssen Antworten auf drängende Fragen gefunden werden: Wie sollen wir als pluralistische Zivilgesellschaft mit extremistischen Positionen umgehen, die nicht mehr von der Meinungs- und Versammlungsfreiheit gedeckt werden? Wie soll auf extremistische Symbole bei Demonstrationen reagiert werden? Diese Frage treibt auch die Partnerschaften für Demokratie im Rahmen des Bundesprogramms "Demokratie leben!" alltäglich um. In zahlreichen Projekten haben sie in den letzten Wochen und Monaten Aktionen und Konzepte entwickelt, um eine stille Solidarität der gesellschaftlichen Mehrheit und Mitte zum Ausdruck zu bringen und somit die demokratische Gemeinschaft sichtbar zu machen und zu stärken.
Gesellschaft aktivieren: Unterschriften und Menschenkette 2.0
Einige Kommunen haben sich dazu entschlossen, den extremistischen Positionen mit Petitionen und Unterschriftensammlungen entgegenzutreten, so werden Abstandsregeln eingehalten und große Menschenmengen vermieden.
Ausschließlich digitale Unterschriften sammelt die Partnerschaft für Demokratie in Ravensburg für ihre "Menschenkette 2.0". Bereits 5.000 Personen haben diese digital unterzeichnet, sie ist außerdem in der Schwäbischen Zeitung als doppelseitige Anzeige erschienen.
Die Partnerschaft für Demokratie in Straubing hat eine lokale Unterschriftenkampagne unter dem Motto "Demokratie und Rechtsstaat bewahren" ins Leben gerufen, um dem Extremismus und den Anfeindungen innerhalb der Stadt entgegenzutreten. Unterstützt wird die "in Handarbeit" durchgeführte Unterschriftensammlung digital von einer Videokampagne, die mit Statements von Straubinger Bürgerinnen und Bürgern zu Solidarität und Demokratie zum Unterzeichnen der Kampagne aufruft.
Gemeinsames Gedenken
Eine weitere Möglichkeit, die Gemeinschaft innerhalb der Kommune sichtbar zu machen, ist ein gemeinsames Gedenken an die Personen, die an Covid-19 gestorben sind oder darunter besonders leiden.
So hat die Partnerschaft für Demokratie in Hattingen im Januar 2022 einen "stillen Gedankengang" vom alten zum neuen Rathaus unternommen, um "an die Opfer der Pandemie zu denken, all denen zu danken, die sich den Herausforderungen der Pandemie stellen, um uns zu schützen“, so der Leiter der Koordinierungsstelle Jerome Eckenbach. Unter Einhaltung der gebotenen Schutzmaßnahmen kamen 400 Teilnehmende zusammen, um für jeden an Corona verstorbenen Bürger und jede Bürgerin eine Kerze auf den Treppen des Rathauses aufzustellen.
Aktionen im öffentlichen Raum
Auch im Land Brandenburg haben bereits mehrere Gedenkveranstaltungen stattgefunden. Am 19. Februar wurde unter der Leitung der Initiative "Brandenburg zeigt Haltung!" ein landesweiter Aktionstag veranstaltet, an dem sich auch zahlreiche Partnerschaften für Demokratie beteiligten. In Bernau kamen beispielsweise 120 Menschen zu einer Menschenkette zusammen. Bei diesem Anlass wurde der Todesopfer der rechtsextremistischen Attentate von Hanau am 19. Februar 2020 gedacht.
In Sachsen-Anhalt hat die Partnerschaft für Demokratie in Bitterfeld-Wolfen gemeinsam mit der Initiativgruppe "Zivilgesellschaft in der Pandemie" im Februar 2022 eine stadtweite Kampagne gestartet. Unter dem Motto "4G" wurde im Rahmen einer Auftaktveranstaltung der Bitterfelder Marktplatz mit einer Projektion des Leitthemas beleuchtet. Die "4G" stehen in diesem Fall für "Gemeinsam. Geimpft. Genesen. Getestet". Ergänzt wird die Projektion von LED-Tafeln in der Stadt, die Bürgerinnen und Bürger mit dem Leitmotto zeigen, und Bannern, die im Park aufgestellt sind. Die Beleuchtung wird zunächst einen Monat lang fortgesetzt und ist so im Alltag der Stadt andauernd präsent.
Informieren und einen sachlichen Dialog herbeiführen
Ein anderer Ansatz, sich mit der akuten Situation auseinanderzusetzen ist, den extremistischen Positionen sachlich entgegenzutreten. Die Fortbildung zum Thema Impfgegner und Verschwörungsideologien, die die Partnerschaft für Demokratie der Stadt Herne mit dem Modellprojekt #kopfeinschalten angeboten hat, setzte genau dort an und bot den Teilnehmenden neue Perspektiven für Diskussionen mit Andersmeinenden.
Die unterschiedlichen Aktionen zeigen eines: Eine starke Zivilgesellschaft und ein Einsatz für die Demokratie und ihre Werte sind in der Pandemie nötig und möglich. Welcher Weg auch gewählt wird, um sich gegen Extremismus und für Demokratie starkzumachen, ihn gemeinsam zu gehen, ist auch mit Abstand leichter.
Veröffentlicht im Februar 2022