Der Einstieg in die rechtsextreme Szene ist oft leicht, nicht zuletzt, da es dort für viele Probleme des täglichen Lebens einfache Antworten gibt. Der Rückweg ist hingegen umso schwerer, denn wer in dieser Welt lebt, hat oft sämtliche Kontakte zu Personen außerhalb der Szene abgebrochen und somit kaum Möglichkeiten, über seine Zweifel, Veränderungswünsche und Ausstiegsgedanken zu reden. Bei einem Ausstieg aus der rechtsextremen Szene spielt daher die professionelle Unterstützung eine wichtige Rolle. In Thüringen können sich Ausstiegswillige an den von "Demokratie leben!" geförderten Verein Drudel 11 wenden, der sie berät, begleitet und gemeinsam mit seinem Netzwerk dabei unterstützt, ihr Leben zu verändern.
Die Ausstiegsunterstützung von Drudel 11
Ein Film über die Arbeit von Drudel 11 zeigt, wie das in der Praxis abläuft: Michael Zeise, der fast 15 Jahre in der rechtsextremen Szene lebte, wandte sich an den Verein, als er den Ausstieg wagen wollte. Er berichtet von seiner Motivation für diesen Schritt und davon, dass er es ohne Unterstützung von außen nicht geschafft hätte, denn: "Ich war völlig verblendet."
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Für Sebastian Jende, Vorstandsvorsitzender von Drudel 11, ist es wichtig, seinen Klienten nicht von oben herab zu begegnen. Zu einer erfolgreichen Ausstiegsbegleitung gehöre es, Fragen zu stellen und zukunftsweisende Perspektiven anstatt Pauschallösungen anzubieten. So bestärkten die Berater Michael Zeise in seinem Wunsch, auf dem Jakobsweg zu wandern, was letztendlich zu vielen wertvollen Begegnungen führte, die er sich früher nie vorstellen konnte.
Zudem ist der Verein auch Ansprechpartner für Freunde, Freundinnen und Familienangehörige von jungen Menschen, die zwar noch nicht fest in der rechtsextremen Szene verankert sind, aber in diese abzudriften drohen.
Die Ausstellung END.TÄUSCHUNG
Drudel 11 ist aber nicht nur in der Ausstiegsbegleitung tätig, sondern bietet auch vielfältige Informationen zur Vorbeugung an. Neben dem Modellprojekt "CLICK! Digitale Trainings zur Rechtsextremismusprävention" hat der Verein dafür die Wanderausstellung "END.TÄUSCHUNG – Rechtsextremismus. Irritation. Ausstieg." entwickelt. Vor allem an Schulen und in Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe informiert sie junge Menschen über das Funktionieren der rechtsextremen Szene, unterteilt in Themen wie "Musik", "Ideologie und Werte" und "Gewalt". Ergänzt und veranschaulicht werden die Informationen durch eine Geschichte eines potenziellen Aussteigers sowie durch Interviews, zum Beispiel mit einem Polizisten und einer Sozialarbeiterin.
Bisher konnte der Verein etwa 80 Ausstiegswillige erfolgreich bei der Umsetzung ihrer Pläne begleiten und 150 Personen aus deren Umfeld beraten. Und die Ausstellung trägt dazu bei, dass sich junge Menschen erst gar nicht in die rechte Szene verirren.
Veröffentlicht im März 2022