Drei junge Menschen sitzen auf einer Wiese vor einem Haus und unterhalten sich

Für Engagement in Ostdeutschland: Der JugendStil-Ideenfonds

Das Projekt "JugendStil" unterstützt und vernetzt junge Menschen mit Migrationsgeschichte in Ostdeutschland, damit sie mit ihren Ideen die Gesellschaft mitgestalten können.

Pinselstrich

Wie sein Name verrät, widmet sich das Modellprojekt "JugendStil – Teilhabe und Mitgestaltung junger Migrant*innen in Ostdeutschland" aus dem sachsen-anhaltinischen Halle (Saale) der Unterstützung von jungen Menschen mit Migrationsgeschichte, die die Gesellschaft in Ostdeutschland mitgestalten wollen.

Im Interview spricht Projektleiter Olaf Ebert über die Ursprünge, die Umsetzung und die Erfolge von "JugendStil".

Was ist das Projektziel, und welchen Weg gehen Sie, um es zu erreichen?
Mit dem Modellprojekt "JugendStil" unterstützen und begleiten wir das gesellschaftliche Engagement und die Selbstorganisationen ostdeutscher, junger Menschen mit eigener oder familiärer Migrationsgeschichte, also (post-)migrantischen Menschen. Sie haben unzählige gute Ideen, um die Gesellschaft aktiv mitzugestalten. Was häufig fehlt, sind finanzielle Ressourcen oder eine ausgeprägte Vernetzung.

Vor diesem Hintergrund haben wir mit dem Modellprojekt und der zusätzlichen Unterstützung von privaten Stiftungen den JugendStil-Ideenfonds entwickelt. Mit ihm fördern wir seit 2021 (post-)migrantische Jugendinitiativen aus Ostdeutschland, die neue Gestaltungsmöglichkeiten für junge Menschen schaffen.

Vier junge, lächelnde Männer mit Halstüchern
"Scout Spirit", ein von "JugendStil" gefördertes Projekt, Bild: Benjamin Jenak

Das Besondere dabei ist, dass seit Beginn eine (post-)migrantische Jugendjury darüber entscheidet, welche Projekte gefördert werden. Sie besteht aus jungen Expertinnen und Experten aus Ostdeutschland, die in unterschiedlichen Bereichen aktiv sind: kulturelle Teilhabe, politische Bildung, LGBTQIA*-Rechte, Umwelt-Aktivismus und vielen mehr. Dadurch ist ein großes Verständnis dafür da, welche Projekte von den Communitys benötigt werden.

Woher kam die Idee für das Projekt?
Migration war und ist ein fester Bestandteil der ostdeutschen Gesellschaft. Trotzdem sind die Perspektiven, Lebensrealitäten und Kämpfe von jungen Menschen mit Migrationsgeschichte nach wie vor in vielen Bereichen unterrepräsentiert. Das zeigt sich auch in den Vereins- und Engagementstrukturen.

Wir wollen diese Art von Engagement sichtbar machen, es stärken und somit resiliente, migrantische Strukturen in Ostdeutschland aufbauen.

Können Sie uns einen Überblick geben, welche Arten von Projekten gefördert werden?
Die geförderten Initiativen könnten unterschiedlicher und vielfältiger kaum sein: von einer selbstorganisierten Pfadfinder- und Pfadfinderinnen-Gruppe migrantischer Jugendlicher in Halle (Saale) über Empowerment-Workshops von und für Geflüchtete in Rostock bis hin zur Produktion eines Spielfilms aus vietnamesisch-deutscher Perspektive in Annaberg-Buchholz.

Bei aller Vielfalt der Projekte ist den Engagierten eines gemeinsam: Sie alle wollen ihre Kulturlandschaft mitgestalten und andere junge Menschen inspirieren und einbinden. Der Kontakt untereinander ermöglicht auch strukturelle Änderungen: So ist ein Netzwerk aus (post-)migrantischen Initiativen in Ostdeutschland entstanden, in dem sich Gleichgesinnte kennenlernen, zusammenarbeiten, sich über Veranstaltungen und Förderungen informieren, austauschen und sich als Community stärken.

"Dank der Förderung konnten wir unser Projekt dokumentieren lassen und uns mit lokalen PoCs verbinden. (...) Zudem hat es uns geholfen, zu wissen, dass der Ideenfonds einen schnellen Austausch mit den anderen, geförderten Projekten ermöglicht."

Zitat aus der Projektevaluation

Wie sieht die Projektbegleitung durch "JugendStil" aus?
Den Initiativen steht über die finanzielle Förderung hinaus eine qualitative Begleitung zur Verfügung. Wir verstehen die jungen Menschen als Expertinnen und Experten ihrer Lebenswelten und Projekte, ihrer individuellen Erfahrungen und Bedarfe. Somit können sie selbst entscheiden, in welchem Maß sie Hilfe "von außen" haben möchten. Manche werden langfristig in die Projektarbeit eingebunden, werden Teil der Jugendjury oder Sprecherinnen und Sprecher des Netzwerks. Andere werden dabei unterstützt, sich für Preise oder weitere Förderungen zu bewerben. Sehr oft vermitteln wir auch weiter und vernetzen damit Engagierte untereinander oder mit Partnerinnen und Partnern.

Wie viele Projekte wurden bereits gefördert? Und wie geht nach dem Ende der Förderung für die Projekte weiter?
Bis August 2024 wurden über 100 Projekte und Initiativen in Ostdeutschland von jungen, (post-)migrantischen Menschen gefördert und in das Netzwerk eingebunden, das ihnen Sichtbarkeit gibt und sie in ihrem Engagement bestärkt.

Eine Person, von der nur die Hände und der Bauch zu sehen sind, hält ein Magazin in den Händen
"Aus eigener Kraft", das Magazin von "JugendStil", Bild: Miguel Löhmann

Bis zum Ende des Modellprojekts wollen wir die Initiativen mit lokalen und überregionalen Akteurinnen und Akteuren sowie untereinander nachhaltig vernetzen, so dass sie auch danach weitere Unterstützung erfahren.

Wie ist die Resonanz auf die Arbeit der geförderten Projekte?
Oft wissen Menschen nicht, wie viel (post-)migrantisches Engagement in Ostdeutschland existiert. Dazu sind die Initiativen oft noch zu wenig sichtbar, obwohl es so viele kreative, resiliente und starke Projekte gibt. Alle, die davon erfahren, sind in großen Teilen beeindruckt und begeistert. Das zeigt sich auch in der Resonanz zu der Wanderausstellung "Trotz allem – Postmigrantische Jugend bewegt den Osten" und dem Magazin "Aus eigener Kraft", die ostdeutsche, (post-)migrantische Initiativen portraitieren. Außerdem wurden "JugendStil" und viele geförderte Initiativen und Engagierte über die Jahre mit Preisen ausgezeichnet, was für die Anerkennung unserer gemeinsamen Arbeit spricht.


Veröffentlicht im August 2024