Jugendliche in Workshopsituationen in Comic Art

Erinnerungskultur und junges Engagement stärken

Ohren auf: Das Anne Frank Botschafter*innen Programm macht Geschichte hörbar.

Pinselstrich

"Wie herrlich ist es, dass niemand auch nur eine Minute zu warten braucht, um damit zu beginnen, die Welt langsam zu verändern", schrieb Anne Frank in ihr Tagebuch. Mit dem Förderprogramm "Anne Frank Botschafter*innen für die Erinnerung" spricht das Anne Frank Zentrum Berlin junge Menschen an, die gesellschaftlich aktiv werden möchten und motiviert sie, sich mit eigenen Projektideen gegen Antisemitismus, Rassismus und Diskriminierung zu engagieren. Mit ihren vielfältigen Aktionen leisten die Anne Frank Botschafter*innen in ihren Heimatorten einen wichtigen Beitrag und erinnern an Anne Frank und den Holocaust.

Seit 2016 haben Anne Frank Botschafter*innen deutschlandweit mehr als 40 Projekte mit unterschiedlichen Formaten und thematischen Ausrichtungen umgesetzt. So umfassten die Projektideen beispielsweise Poetry-Slams, Graffiti-Workshops, Konzerte, historische Stadtspaziergänge, Filme, Podcasts, Instagramkanäle und Theaterstücke.

Wer kann Anne Frank Botschafter*in werden?

Jedes Jahr bildet das Anne Frank Zentrum interessierte Jugendliche zu so genannten Peer Guides aus. Sie arbeiten zwei Wochen lang in den Wanderausstellungen des Zentrums und begleiten andere Jugendliche durch die Ausstellung. Dabei vermitteln sie Wissen zu Antisemitismus, Rassismus und weiteren Formen von Diskriminierung, beantworten Fragen und regen zum Dialog an.

Danach können sie sich zu Anne Frank Botschafter*innen weiterbilden lassen. In viertägigen Seminaren erfahren sie mehr über verschiedene Formen von Diskriminierung, zu praktischen Aspekten der Projektarbeit, wie etwa Fundraising und Öffentlichkeitsarbeit, und entwickeln Projektideen für das eigene Engagement vor Ort.

Eigene Projekte in den Heimatorten

Um Anne Frank Botschafter*in zu werden, setzen die Jugendlichen nach der Teilnahme am Seminar selbstständig ein Projekt in ihren Heimatorten um. Das Thema bestimmen sie dabei selbst. Bei der Umsetzung ihres Projekts werden sie von Mitarbeitenden des Anne Frank Zentrums sowohl vor Ort als auch beratend aus der Ferne unterstützt. "Die Jugendlichen merken, dass sie in ihrem Umfeld etwas erreichen können und erfahren so Selbstwirksamkeit", sagt Kathrin Ziemens vom Anne Frank Jugendnetzwerk.

Jedes Jahr ehrt das Anne Frank Zentrum das Engagement der Anne Frank Botschafter*innen mit einer feierlichen Veranstaltung in der Botschaft des Königreichs der Niederlande. Nach der Ehrung werden die ausgezeichneten Jugendlichen Mitglied im Anne Frank Jugendnetzwerk, welches das gesellschaftliche Engagement der Jugendlichen langfristig fördern will. So können sich die Anne Frank Botschafter*innen beispielsweise bei bundesweiten Vernetzungstreffen zu Erinnerungskultur, Antisemitismus und Rassismus austauschen und bei der internationalen Summer School mit Anne Frank Botschafter*innen aus anderen Ländern zusammenkommen.

Podcast "SpeakUp im Quadrat" – von Jugendlichen für Jugendliche

Aaron Müller, Liam Gutknecht, Yara Antonic und Coloma Gerner wurden 2021 für ihren Podcast über Sophie Scholl und Anne Frank zu Anne Frank Botschafter*innen ernannt. Die vier Jugendlichen aus Mannheim besprechen in den zwei Folgen von "SpeakUp im Quadrat" die Biografien von Sophie Scholl und Anne Frank und diskutieren miteinander, was die Gesellschaft in der Gegenwart aus der Geschichte lernen und wie ihr Andenken bewahrt werden kann, ohne es zu verklären.

Kennengelernt haben sie sich über das Anne Frank Botschafter*innen Programm in Berlin. "Bei dem viertägigen Seminar wurden uns Methoden zur Ideenfindung und Projektarbeit übermittelt und viel Raum geboten, um unsere Idee von einem Podcast weiter zu entwickeln", sagen die Jugendlichen. "Wichtig war uns vor allem einen Podcast zu schaffen, welcher unseren privaten Gesprächen in der Freundesgruppe sehr nahekommt. Stumpf etwas vom Blatt ablesen, kam für uns nicht in Frage."

Sechs Personen lachen in die Kamera. Vier davon sind Jugendliche, die eine Urkunde und eine Blume in den Händen halten.
Anne Frank Botschafter*innen Liam Gutknecht, Coloma Gerner, Yara Antonic und Aaron Müller (von links), umrahmt von Ronald van Roeden (Botschafter der Niederlande) und der Bundesbeauftragten Maria Bering, Bild: Ruthe Zuntz

Auch auf die Instrumentalisierung von Sophie Scholl und Anne Frank bei Demonstrationen gehen die Jugendlichen in ihrem Podcast ein. Liam Gutknecht sagt dazu: "Ich finde die Vergleiche mit Sophie Scholl oder Anne Frank auf Demonstrationen nicht gut, aber ich finde gut, dass man die Namen dadurch wieder hört und sich mit ihnen beschäftigt." Doch die Jugendlichen sind sich einig, dass solche Vergleiche das NS-Regime und den Holocaust verharmlosen und in diesem Kontext vollkommen unangebracht sind.

Wieso heißt der Podcast eigentlich "SpeakUp im Quadrat"?

"Im Quadrat bezieht sich auf unseren Wohnort Mannheim, welcher wie bei einem Schachfeld in einzelne Quadrate unterteilt ist. Zukünftig wird Mannheim eine noch präsentere Rolle in den Podcast-Folgen einnehmen."

Projektteam

Als Nächstes planen die Jugendlichen eine Podcast-Reihe über Amira Gezow, die den Holocaust überlebte und zu einer der wichtigsten Zeitzeuginnen in Mannheim wurde. Die Idee dazu entwickelten sie auf einem Vernetzungstreffen vom Anne Frank Zentrum zusammen mit dem Projekt "Erinnern vor Ort". Auch bei dieser Projektidee steht wieder die Stärkung der Erinnerungskultur und die Förderung von jungem Engagement für Demokratie im Mittelpunkt.


Veröffentlicht im Mai 2022

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