Grüne Außenansicht der Katholischen Hochschule Nordrhein-Westfalen

Einblicke in die Autoritarismusforschung

Das Projekt "Autoritarismus ins Aus stellen" analysiert die Perspektiven des Forschungsgebiets, um Organisationen und Initiativen bei der Bekämpfung antidemokratischer Einstellungen zu unterstützen.

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Was sind die Ursachen und Motive für Rassismus, Antisemitismus, Demokratiefeindlichkeit und Verschwörungsdenken? Das Projekt "Autoritarismus ins Aus stellen (AuS) – Autoritaristischen Überzeugungen präventiv und zielgruppengerecht begegnen" setzt sich mit dem Stand der Autoritarismusforschung auseinander und entwickelt Methoden zur Selbstreflexion und Diskussionsförderung, um Fachkräfte in ihrer Arbeit zu unterstützen.

Katrin Henkelmann arbeitet seit Mai 2023 als wissenschaftliche Mitarbeiterin im Projekt, das am Centrum für Antisemitismus- und Rassismusstudien (CARS) der Katholischen Hochschule Nordrhein-Westfalen angesiedelt ist. Im Gespräch erklärt sie die Projektziele und gibt dabei einen kurzen Einblick in das Thema Autoritarismus.

Was ist Autoritarismus?
Autoritarismus bezeichnet eine Bündelung antidemokratischer und antipluralistischer Einstellungen, die häufig auch als "autoritäre Persönlichkeit" oder "autoritäres Syndrom" bezeichnet wird. Dieses Syndrom kann als eine generelle Anfälligkeit für stereotypes und vorurteilsbehaftetes Denken gefasst werden und zeichnet sich unter anderem durch eine bereitwillige Unterordnung unter irrationale Autoritäten und die Übernahme ebenso irrationaler Ideologien aus. Insgesamt stellt Autoritarismus einen Bewältigungsversuch innerpsychischer sowie gesellschaftlicher, oft spezifisch moderner Konflikte dar. Dabei werden unbewusst eigene negative Impulse auf andere Personen oder Personengruppen projiziert, um sie dann stellvertretend an ihnen zu bekämpfen. Ambivalenzen werden so vermieden und das idealisierte Selbstbild beziehungsweise das der Eigengruppe wird aufrechterhalten. Konkret kann Autoritarismus sich in unterschiedlichen Ideologien wie etwa Rassismus, Rechtsextremismus, Islamismus oder Antisemitismus äußern. Es handelt sich also weniger um eine eigene Ideologie als vielmehr um den generellen Wunsch nach bestimmten Strukturen ideologischer Inhalte, die es dem Individuum ermöglichen, die Welt in stark und schwach, richtig und falsch, wir und die anderen einzuteilen.

Was macht die Autoritarismusforschung?
Autoritarismusforschung untersucht die Verbreitung von autoritären Einstellungen in der Gesellschaft und versucht zu erklären, wie diese entstehen und aufrechterhalten werden. Dabei ist Autoritarismus nicht als individuelles Problem zu verstehen, sondern als ein gesellschaftliches. Deswegen ist es bei der Analyse seiner Entstehung wichtig, nicht nur individuelle Faktoren in den Blick zu nehmen, sondern auch darüber nachzudenken, welche allgemeinen gesellschaftlichen politisch-ökonomischen Strukturen die Entstehung und Reproduktion autoritärer Bedürfnisse und Ideologien ermöglichen und vielleicht auch befördern.

Mehr Informationen

Das Projekt "Autoritarismus ins Aus stellen (AuS)" startete im Mai 2023 und läuft bis zum Dezember 2024. Es ist am Centrum für Antisemitismus- und Rassismusstudien (CARS) der Katholischen Hochschule Nordrhein-Westfalen angesiedelt.

Logo Centrum für Antisemitismus- und Rassismusstudien

"Autoritarismusforschung untersucht die Verbreitung von autoritären Einstellungen in der Gesellschaft und versucht zu erklären, wie diese entstehen und aufrechterhalten werden. Dabei ist Autoritarismus nicht als individuelles Problem zu verstehen, sondern als ein gesellschaftliches."

Katrin Henkelmann, wissenschaftliche Mitarbeiterin, Bild: Jonas Novaki

Portraitaufnahme von Katrin Henkelmann

Was sind Ausgangspunkt und Ziel des Projekts "Autoritarismus ins Aus stellen"?
Autoritäre Einstellungen, die sich beispielsweise in Rassismus, Antisemitismus oder Islamismus Ausdruck verschaffen können, sind allgegenwärtige und zentrale Probleme in unserer Gesellschaft. Auch im Sozial- und Bildungswesen sehen sich Fachkräfte damit konfrontiert und vor zahlreiche Schwierigkeiten gestellt. Aus diesem Grund soll im Projekt ein umfassendes Verständnis von Autoritarismus und dessen Entstehung vermittelt und gemeinsam erarbeitet werden, welche Maßnahmen im Kontext der Sozialen Arbeit dabei helfen können, Autoritarismus entgegenzuwirken. Am Ende des Projekts sollen die gesammelten Erkenntnisse und Methoden in einer sogenannten Skill-Box verstetigt werden, um Lehrkräften auch über den Rahmen des Projekts hinaus zugänglich zu sein.

Was verbindet Autoritarismusforschung und Demokratie?
Die Erkenntnisse der Autoritarismusforschung können Aufschluss darüber geben, wie demokratiefeindliche Einstellungen entstehen und wie man ihnen begegnen muss. So können sie dabei helfen, demokratische Strukturen auf verschiedenen Ebenen der Gesellschaft zu stärken.

An wen richtet sich das Projekt?
Die Zielgruppe unseres Projekts sind zunächst Fachkräfte der Sozialen Arbeit. Vermittelt über diese wollen wir jedoch – neben ihren Mitarbeitenden oder Kolleginnen und Kollegen – vor allem auch die Kinder, Jugendlichen oder Erwachsenen erreichen, mit denen die Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter zusammenarbeiten.

Die Projekterkenntnisse sollen in Form einer barrierearmen Wissenschaftskommunikation Fachkräften im pädagogischen und sozialen Bereich in Nordrhein-Westfalen zur Verfügung gestellt werden. Wie sieht dies konkret aus? Können Sie Beispiele nennen?
Die Inhalte, die wir im Projekt vermitteln wollen, werden zielgruppengerecht aufgearbeitet. Das bedeutet, dass wir zunächst im Austausch mit unseren Kooperationspartnerinnen und -partner die jeweiligen Bedarfe in der Praxis ermitteln, um anschließend unsere Inhalte zu fokussieren und sprachlich anzupassen. Dafür arbeiten wir mit analogen und digitalen Elementen, die wir sowohl während unserer Workshops verwenden als auch im Anschluss an das Projekt zur Eigennutzung bereitstellen wollen; etwa in Form von Erklärvideos, Audio- oder Videoformaten, Texten oder Übersetzungen in einfache oder leichte Sprache.

Was sind die nächsten Projektschritte?
Die nächsten Projektschritte bestehen zunächst in der Entwicklung der Workshops und dem Zusammentragen von entsprechenden Materialien. Dafür tauschen wir uns mit unseren regionalen Kooperationspartnerinnen und -partner aus, um zu wissen, welche Problemfelder in der Praxis besonders häufig auftreten, und passen unsere Inhalte dementsprechend an.

Ende des Jahres sollen dann die ersten Workshops umgesetzt, mit Netzwerkvertretenden evaluiert und weiter angepasst werden. Im nächsten Jahr folgen regelmäßig stattfindende Workshops und die Weiterentwicklung der Skill-Boxen, die im Anschluss an das Projekt Lehrkräften für ihre eigene Arbeit zur Verfügung stehen sollen.


Veröffentlicht im Juli 2023

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