Zwei Männer stehen auf einer Wiese, einer hält ein Schild

Demokratische Begriffe mit Leben füllen

"Bus of Resources" erarbeitetet durch die "Box of Resources" mit geflüchteten Menschen mehrsprachige Videos zu Schlüsselbegriffen einer pluralistischen Gesellschaft.

Pinselstrich

Was bedeutet Glück? Ist Ehrlichkeit verhandelbar? Gilt Gleichheit ohne Voraussetzung? Ist Respekt von der Herkunft oder Selbstständigkeit vom Geschlecht abhängig? Das Projekt "Bus of Resources" des Trägers interkular gGmbH hat gemeinsam mit dem Demokratielotsen e. V. einen eigenen Ansatz entwickelt, um die abstrakten Begriffe einer vielfältigen und freien demokratischen Gesellschaft mit Leben zu füllen. Unter dem Titel "Box of Resources" produzieren die Demokratielotsen mit und für Geflüchtete in Berliner und Brandenburger Sammelunterkünften Kurzfilme zu verschiedenen Schlüsselbegriffen des gesellschaftlichen Zusammenlebens. Wie die Projektnamen schon sagen, werden sowohl die Beratungsarbeit im Bus als auch die Arbeit an den Begriffen als Ressourcen, also Mittel für die Geflüchteten angesehen, die Integration ermöglichen.

Der Einstieg in das Thema gelingt bei einem ersten Besuch durch niedrigschwellige Angebote wie Demokratiespiele oder ein Glücksrad, bei dem Begriffe wie Grundgesetz, Menschen-, Frauen- und Kinderrechte, Religionsfreiheit oder Umweltschutz erläutert werden und es auch kleine Preise zu gewinnen gibt. Diese Aktionen sollen den weiteren Austausch über Grundwerte anregen.

Die aktive Arbeit an den Kurzfilmen

Die "Box of Resources" dient dann bei einem zweiten Besuch der intensiven Auseinandersetzung mit den einzelnen Begriffen auf der persönlichen Ebene. Die Bewohnerinnen und Bewohner der jeweiligen Unterkunft werden eingeladen, sich aus der Box einen Begriff auszuwählen, der sie besonders interessiert oder berührt. Das Gespräch dreht sich dann um die Frage, warum ihnen dieser Begriff besonders am Herzen liegt. Bei entsprechender Bereitschaft werden die Gespräche filmisch aufgezeichnet und als Kurzfilm zusammengeschnitten.

Begriffe wie "Regeln", "Schutz" und "Würde" liegen um den Titel "BOX OF RESOURCES" herum
Begriffe aus der "Box of Resources", Bild: Demokratielotsen e. V.

Zur Sprache kommen dabei insbesondere Themen, die möglicherweise Konfliktpotential haben, aber auch verbindend wirken, wie Respekt, Ehrlichkeit, Menschenrechte, Glück. Zum Teil verschränken sich die Themen etwa in dem Beitrag über Ehrlichkeit, wo darüber gesprochen wird, dass Männer auch den Frauen gegenüber ehrlich sein müssen und Frauenrechte und männliche Selbstkritik somit zur Sprache kommen.

Die Menschen füllen in den aufgezeichneten Gesprächen die Begriffe mit persönlichen Erfahrungen und Geschichten. Indem sie selbst darüber sprechen, was diese Begriffe für sie bedeuten, setzen sich die Geflüchteten mit dem Konfliktpotential auseinander und wirken zugleich in ihren Communitys als Multiplikatorinnen und Multiplikatoren.

Zwei Menschen sitzen in einem Minibus an einem Tisch und sprechen miteinander
Beratungssituation im "Bus of Resources", Bild: interkular gGmbH

Teilnehmen können alle Interessierten und Volljährigen der Bewohnerschaft. Pandemiebedingt finden die Aktionen im Freien statt, bei gutem Wetter ist das Interesse sehr groß; bei schlechtem Wetter leider weniger, und so pausiert das Projekt in den Wintermonaten. Die Zeit kann mit dem Anschauen der bereits veröffentlichten Folgen überbrückt werden.

Darüber hinaus können sich Teilnehmende durch Weiterbildungsmaßnahmen im Verein Demokratielotsen qualifizieren, um die Arbeit vor Ort zu unterstützen und bei den Dreharbeiten Aufgaben zu übernehmen, wie etwa die Tonaufnahme technisch durchzuführen.

Die Kurzfilme haben eine große Reichweite

Die Gespräche stehen deutsch untertitelt mit einer Länge von zwei bis drei Minuten bei Facebook und Youtube zur Verfügung. Der aktive Zugang zu diesen Plattformen und den abstrakten Begriffen einer pluralistischen Gesellschaft wird durch "Box of Resources" somit niederschwellig ermöglicht – mit Wirkung: Bis zu 20.000 Menschen werden mittlerweile so erreicht. Auf die Arbeit von interkular und Demokratielotsen ist auch schon das ZDF aufmerksam geworden und hat über die Arbeit mit den Geflüchteten berichtet.

Zukunftsperspektive

Nach der Winterpause sollen die bisher 17 produzierten Folgen weitergeführt werden, so lange das Interesse der Bewohnerinnen und Bewohner weiterhin so groß ist. Ein Ziel haben die Projektpartner für die Zukunft bereits gesetzt: Die mehrsprachigen Clips sollen auch für neue sprachliche Communitys erschlossen werden, um so immer mehr Menschen aktiv miteinzubeziehen.


Veröffentlicht im Januar 2022