Auf der Grafik sind abgebildet trans* und nicht-binäre Personen, die sich küssen.

Broschüre "Trans* mit Kind!"

Trans* und nicht-binäre Personen sind Eltern oder wollen Eltern werden. Über Hürden und Herausforderungen im Alltag informiert eine Broschüre vom Bundesverband Trans*.

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Familienmodelle können so verschieden und vielfältig sein wie die Gesellschaft selbst. Doch besonders trans* und nicht-binären Personen mit Kind(ern) oder Kinderwunsch begegnen im Alltag einige Hürden und Herausforderungen, viele haben den Eindruck mit dem Kinderwunsch oder mit dem Nachwuchs alleine zu sein. Einige sind überfordert, weil auf ihre Fragen nur schwer Antworten zu finden sind. Um diese Menschen zu stärken und gleichzeitig für mehr Information und Selbstverständlichkeit für dieses sensible Thema zu sorgen, hat der Bundesverband Trans* die Broschüre "Trans* mit Kind! – Tipps für trans* und nicht-binäre Personen mit Kind(ern) oder Kinderwunsch" verfasst.

Trans* und nicht-binäre Personen mit Kinderwunsch erfahren im ersten Teil der Broschüre, wie sie eine Familie gründen können. Dazu werden Informationen vorgestellt zu rechtlichen Rahmenbedingungen, biologischer Elternschaft und Schwangerschaft. Im zweiten Teil geht es um trans* und nicht-binäre Personen, die bereits Eltern sind. Hier stehen Themen wie die Zeit nach der Geburt, die Kommunikation innerhalb der Familie, der Kontakt mit Kita, Schule und Behörden sowie Hinweise auf Vernetzungsmöglichkeiten und Anlaufstellen im Mittelpunkt.

Biologische Elternschaft von trans* und nicht-binären Personen

Viele trans* und nicht-binäre Personen verspüren einen Kinderwunsch und gehen dafür beispielsweise den Weg einer Adoption oder biologischen Elternschaft. Erst seit wenigen Jahren ist es überhaupt möglich, dass trans* Personen nach der Änderung des Geschlechtseintrags biologische Eltern werden können. Durch die Aussetzung des § 8 Absatz 3 Transsexuellengesetz (TSG) können Personen mit männlichem Geschlechtseintrag Kinder gebären oder Personen mit weiblichem Personenstand Kinder zeugen. Noch bis 2011 mussten sich trans* Personen sterilisieren lassen, um eine Personenstandsänderung durchführen zu können. Seitdem der Sterilisationszwang bei der Änderung des Geschlechtseintrags ausgesetzt wurde, wächst das Bewusstsein, dass Trans*geschlechtlichkeit und Kinderwunsch vereinbar sind.

Transgeschlechtliche Menschen identifizieren sich nicht oder nicht nur mit dem Geschlecht, das ihnen bei der Geburt zugewiesen wurde. "Trans*" wird häufig als Oberbegriff verwendet, wobei das Sternchen als Platzhalter für die unterschiedlichen Endungen stehen soll.

Quelle: Regenbogenportal Glossar

Hilfe für den Umgang mit Behörden

Bis heute ist in § 1591 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) geregelt: "Mutter eines Kindes ist die Frau, die es geboren hat." Damit ist die rechtliche Elternschaft ("Mutterschaft") eng an die biologische Elternschaft geknüpft und bestimmt auch, dass die gebärende Person im Rechtssinne immer "Mutter" ist. Wenn eine trans* Person mit männlichem Personenstand ein Kind bekommt, tragen Standesämter diese Person als Mutter und mit abgelegtem, weiblichen Vornamen in das Geburtenregister ein. Dies wird so gehandhabt, um dem Kind zu ermöglichen, später zu erfahren, von wem es abstammt. In der Geburtsurkunde des Kindes steht so jedoch eine nicht existente Person und der trans* Mann hat kein offizielles Dokument, das beweist, dass er mit dem Kind verwandt ist. Dies führt dazu, dass sich Eltern regelmäßig neu erklären und ihre Trans*biografie offenlegen müssen.

In der Broschüre gibt es für solche Fälle ein Musterschreiben für Standesämter, das als Vorlage genutzt werden kann. Damit wird bestätigt, dass es sich bei der Person, die in der Geburtsurkunde mit abgelegtem Namen und weiblichem Personenstand eingetragen ist, um den Vater des Kindes handelt. Dieses Schreiben können trans* Eltern im Austausch mit Behörden nutzen, beispielsweise für die Beantragung von Elterngeld und Kindergeld.

Auf der Grafik sind abgebildet trans* und nicht-binäre Personen, die sich küssen.
Grafik aus der Broschüre "Trans* mit Kind", Illustration: Louie Läuger @tenderrebellions

Tipps für medizinische Fachkräfte

Es gibt auch medizinische Fachkräfte und Hebammen*, die bisher wenig oder gar keinen Kontakt mit trans* und nicht-binären Personen hatten. Aus Unwissen oder Unsicherheit können diskriminierende Situationen für trans* und nicht-binäre Personen entstehen. Diese lassen sich vermeiden, wenn einige praktische Tipps aus der Broschüre berücksichtigt werden. Sie unterstützen medizinische Fachkräfte darin, trans* und nicht-binäre Personen kompetent zu begleiten. So gilt es beispielsweise die geschlechtliche Identität aller trans* und nicht-binären Patient*innen zu respektieren, unabhängig davon, ob eine medizinische Transition begonnen wurde oder nicht. Gleichzeitig ist es wichtig, den Kinderwunsch und die Familienform der Patient*innen respektvoll zu behandeln.

Nicht-binäre Geschlechtsidentitäten ergeben sich allgemein nicht aus bestimmten Körpermerkmalen, sondern aus dem eigenen Geschlechtsempfinden einer Person. "Nicht-binär", "non-binary" oder auch "genderqueer" sind Selbstbezeichnungen für eine Geschlechtsidentität, die sich nicht in der Gegenüberstellung von Mann oder Frau beschreiben lässt.

Quelle: Regenbogenportal Glossar

Handlungsempfehlungen für Beratungsstellen

Von trans* und nicht-binären Eltern wird das Beratungsangebot im sozialen Bereich im Moment noch als unzureichend wahrgenommen. Daher stellt der Bundesverband Trans* auch Tipps und Anregungen in der Broschüre zusammen, die Beratungsstellen darin unterstützen, das eigene Angebot weiterzuentwickeln und zugänglicher für trans* und nicht-binäre Eltern sowie deren Angehörige zu machen. Gleichwohl gilt für alle Lebensbereiche und im Umgang mit trans* und nicht-binären Personen, die selbstgewählten Namen, Anreden und Pronomen der Menschen zu verwenden, auch wenn noch keine amtliche Änderung umgesetzt wurde.

Die Broschüre "Trans* mit Kind" spiegelt die herausfordernden Lebensrealitäten von trans* und nicht-binären Eltern und Personen mit Kinderwunsch im Alltag wider und umfasst viele praktische Tipps zur Unterstützung und zum Meistern dieser Herausforderungen. Gleichzeitig macht sie deutlich, dass dieses sensible Thema in vielen Lebensbereichen noch auf Unsicherheiten und Hürden stößt und es einen hohen Aufklärungsbedarf gibt, dem sich die Broschüre widmet.


Veröffentlicht im Juni 2022