Eine Frau steht vor einer efeubewachsenen Wand mit einer Gedenktafel

Auf Spurensuche: Digitale Stadtrundgänge in Greifswald und im Main-Kinzig-Kreis

Zwei Partnerschaften für Demokratie veröffentlichen kostenlose digitale Stadtrundgänge für Erwachsene und Jugendliche

Pinselstrich

Die Partnerschaften für Demokratie stellen sich den Kontaktbeschränkungen während der Corona-Pandemie auf kreativer Weise und konzipieren digitale Alternativ-Formate, wie beispielsweise digitale Stadtrundgänge mit der App "Actionbound". Ein Actionbound ist ein digitales Spiel, bei dem eigene mobile Schatzsuchen und interaktive Guides erstellt und diese einem Publikum zur Verfügung gestellt werden können.

Actionbound "Jüdisches Leben in Greifswald"

In Greifswald gibt es heute 28 Stolpersteine, viele davon in der Innenstadt, zum Beispiel für Elise Rosenberg in der Knopfstraße oder für Dr. Gerhard Knoche in der Domstraße. Wer über die Steine in der Stadt stolpert, wird an die gewaltsame Deportation und Ermordung der jüdischen Greifswalderinnen und Greifswalder erinnert. "Die Steine erinnern an die Namen der Menschen, die hier gelebt haben", berichtet Anita Völlm von der Partnerschaft für Demokratie in Greifswald. Sie hat zusammen mit dem Arbeitskreis Kirche und Judentum der Pommerschen Evangelischen Kirche und der offenen Jugendarbeit der drei evangelischen Altstadtgemeinden einen Actionbound, einen digitalen Stadtrundgang, erstellt, in dem Interessierte die jüdische Geschichte Greifswalds kennenlernen können. Dabei geht es nicht nur um die Verfolgung jüdischer Menschen in der Zeit des Nationalsozialismus. "Jüdisches Leben existierte über viele Jahrhunderte in Greifswald, von 1871 bis 1938 gab es eine Gemeinde. Wir wollen eine Anregung geben, sich damit zu beschäftigen." berichtet Anita Völlm.

Weitere Informationen zu diesem Stadtrundgang und auch zur Deportation jüdischer Menschen aus Greifswald finden sich auf der Internetseite tagderbefreiung.info, die die Greifswalder Partnerschaft für Demokratie zusammen mit zahlreichen Partnern zum Jahrestag des Kriegsendes veröffentlicht hat. Den Stadtrundgang schaut man sich aber nicht zu Hause am Bildschirm an, sondern geht mit der kostenlosen App "Actionbound" auf dem eigenen Handy in Greifswald auf Spurensuche. Zu den einzelnen Stationen wird man per GPS geleitet, dort gibt es dann Aufgaben, Informationen, Bilder und Musik.

"Bildungsveranstaltungen und Stadtrundgänge mit vielen Menschen sind aufgrund der Corona-Pandemie gerade nicht umsetzbar. Wir wollen aber trotzdem Angebote schaffen, die dazu anregen mit offenen Augen durch die Stadt zu gehen. Wenn man genau hinschaut, kann man einiges entdecken."

Anita Völlm von der Partnerschaft für Demokratie in Greifswald

Eine Frau hockt vor Stolpersteinen

Der Rundgang startet auf dem Greifswalder Marktplatz. Die Teilnehmenden des Rundgangs werden per GPS zu einer sehr versteckten Gedanktafel für die Jüdische Gemeinde in Greifswald geleitet. "Ich wusste bis zur Erstellung des Rundgangs, selbst als langjährige Greifswalderin, nichts von dieser Tafel", sagt Anita Völlm. Es folgen viele Informationen zum Leben jüdischer Menschen in der Stadt. Dazwischen werden immer wieder Fragen gestellt, die es zu beantworten gilt. So wird der Rundgang sehr interaktiv. Neben Informationstexten, gibt es Audiodateien mit Zitaten, Bilder und auch Fragen die zur Diskussion anregen. An einer Station besteht auch die Möglichkeit ein Musikstück zu hören. Orte des Rundgangs sind unter anderem auch die Universität. Dabei wird auf die Rolle des Nationalsozialismus in der universitären Lehre eingegangen. Weiter geht es dann zu einem Stolperstein eines Universiätsprofessors. In der Einkaufsstraße wird auf den SA-Boykotttag von jüdischen Geschäften 1933 verwiesen. Ein Foto eines Miederwarengeschäfts zur damaligen Zeit und die GPS-Suche führen dann zum Stolperstein der damaligen jüdischen Besitzerin Johanna Joel.

Anita Völlm fasst die Idee für diesen Rundgang zusammen: "In Zeiten aufkeimenden Antisemitismus ist es für uns ein besonderes Anliegen gewesen darauf hinzuweisen, welche Gefahren von solchem Gedankengut ausgehen können. Die Geschichte zeigt uns dafür ein grausames Beispiel. Wir dürfen es nicht vergessen." Die App "Actionbound" kann kostenlos auf dem eigenen Smartphone installiert werden. Zum Entdecken des Greifswalder Rundgangs muss anschließend mit der App der QR-Code zum Stadtrundgang gescannt werden.

Weitere Informationen zum Stadtrundgang: https://de.actionbound.com/bound/juedischeslebengreifswald

"Digitale Fahrrad-Schnitzeljagd" im Main-Kinzig-Kreis

Die "Digitale Schnitzeljagd" der Partnerschaft für Demokratie Rodenbach und Erlensee startete am 27. April mit einer eigens entwickelten Fahrradroute durch Erlensee und Rodenbach.

Die App "Actionbound" lotst die Teilnehmerinnen und Teilnehmer anhand von GPS-Koordinaten zu einzelnen Stationen und stellt Aufgaben sowie Informationen zur Verfügung. Für das Lösen von Aufgaben sowie das Finden von QR Codes beziehungsweise Geocaches werden Punkte verliehen, um den Ehrgeiz der Teilnehmerinnen und Teilnehmer zu wecken. "Ein besonderer Fokus bei der Erstellung des Stadtrundgangs lag auf der einfachen Zugänglichkeit der Tour und der Möglichkeit sie allein und ohne weitere Hilfsmittel absolvieren zu können.", betont Projektleiter Ronaldo Jose de Sousa Cunha. Die Tour erweckt viele wenig beachtete Orte in den Kommune zum Leben und lädt Jugendliche sowie Erwachsene ein, die eigene oder Nachbarkommune besser kennen zu lernen.

Die Veröffentlichung der Tour startete am 27. April mit einer zweiwöchigen "Fahrradchallenge". Über 50 Teilnehmerinnen und Teilnehmer nahmen an der Challenge teil. Die drei Teilnehmenden mit den meisten Punkten erhielten Preise als Belohnung. Die Bürgermeister der Kommunen, Stefan Erb und Klaus Schejna, begrüßen das schnelle zielgerichtetete Handeln der Partnerschaft für Demokratie. Klaus Schenja stellt dabei heraus "es sei keine Selbstverständlichkeit, dass sich so schnell geänderten Rahmenbedingungen angepasst werde, neue Formate entworfen und realisiert würden". Sein Amtskollege Stefan Erb pflichtet ihm bei "In Zeiten sozialer Distanz und starker Einschränkungen des privaten sowie öffentlichen Lebens, braucht es innovative Angebote wie die 'Fahrradchallenge', damit gesellschaftliche Teilhabe jederzeit möglich bleibt."